Die Tage in der Ausgangssperre sind irgendwie alle gleich und doch wieder nicht. An sich passiert nichts Spannendes und Neues, aber meine Emotionen an einem Tag sind meist nicht die selben am nächsten Tag. Manchmal wache ich voller Elan und Motivation auf, kann mich garnicht satt sehen an der tollen Aussicht, freue mich aufs Frühstück draußen, erledige voll Inbrunst ein paar kleine Projekte (schleifen, ölen, schrubben, schrauben), freue mich etwas geschaffen zu haben, klimpere vielleicht noch etwas auf der Ukulele rum, genieße die Sonne, lass mir das Abendbrot schmecken und gucke abends noch etwas in die Sterne oder in die Netflixröhre. Was für ein schöner Tag. Aber dann gibt es nicht wenige Tage an denen ich schon morgens schlecht gelaunt aufstehe, mich über jede Kleinigkeit grundlos ärgere und nicht mal frisches Baguette vom Bäcker mich aufmuntern kann. Dann wandern meine Gedanken zu unseren durchkreuzten Plänen, unserer fraglichen Zukunft mit Scarlett, den Projekten an Bord (die auf Eis liegen, weil die Post in Frankreich gerade nicht ganz auf der Höhe ist), das Gefühl sich nicht frei bewegen zu können, das Gefühl etwas Abstand bzw. was Neues zu brauchen, das Gefühl meine Freunde und Familie zu vermissen und alles wirkt einfach scheiße. Ja solche Tage gibt es auch. Trotz toller Kulisse, Dankbarkeit für unsere Lage und unglaublich tollen Temperaturen mit Sonne. Man hat aufjedenfall sehr viel Zeit und Gelegenheit, sich, ob wann will oder nicht, mit seinen Launen und Charakterzügen auseinander zu setzen… So ist das eben. Sonst wäre es ja auch langweilig.
Aber ist auch was fernab der Selbstreflexion seit dem letzten Beitrag passiert?
Wir haben das Nest des Schwanenpaars gefunden und sind schon ganz gespannt wann es losgeht. Unser Nachbar hat uns erzählt, dass die kleinen süßen Schwanenbabies letztes Jahr wohl von einem Wels erledigt wurden. Eines nach dem anderen. Ich hoffe so sehr, dass das dieses Jahr nicht passiert. Aber das hier große Viecher unter uns leben ist unumstritten. Hier sind viele kleine Fische unterwegs, die abends richtig anfangen zu springen und Insekten fangen. Dann platscht es überall leise. Aber dann sind da auch die großen lauten Arschbombenplatscher, die eindeutig von größeren Tieren stammen müssen. Aber ich hoffe der Wels ist dieses Jahr gnädiger.
Außerdem blüht die Natur um uns herum auf. Alles wird grüner und lebendiger. Die Weinberge gegenüber kriegen auch schon einen grünen Touch und passen sich den vorherrschenden Temperaturen von 22°C an. Die Bäume überziehen unser Boot mit Pollen und Blütenstaub (leider auch meine frischgeölten Handläufe :-D) und die drei fetten Feigenbäume um den Hafen werden immer grüner und die Feigenfrüchte daran immer größer. Vielleicht sind wir ja noch hier, wenn sie reif werden. Aber bitte nur wenn es eine frühreife Sorte ( Erntezeit Juni) und keine normalreife Sorte (Erntezeit August-September) ist. Im zweiten fall wäre ich auch bereit Feigen einfach so im Laden zu kaufen. 😀
Paul hat sich das erste Mal seit 8 Jahren den Bart abgeschnitten. Ich bin aus dem verwundert Gucken garnicht mehr rausgekommen, als er aus dem Bad zurückkam. Schon verrückt wie anders er aussah. Aber langsam glaube ich nicht mehr, dass ich mit einem anderen Typen an Bord lebe und gewöhne mich an den ungewohnten aber schönen Anblick. Die nächsten Fotos zeigen zum einen den nicht mehr vorhandenen Bart und zum anderen die Art und Weise wie Paul aufgrund seiner Körpergröße im Boot stehen muss. Immer! Eigentlich wollte er nie wieder ein Boot haben, indem er nicht stehen kann aber andere Argumente haben ihn das anscheinend beim Kauf vergessen lassen. 😀
Was noch? Ach ja die zwei Wochen waren mal wieder um und daher stand Einkaufen auf dem Plan. Diesmal waren wir ganz brav und Paul ist allein gegangen. An dem Einkaufszettel sind wir etwas verzweifelt. Meine Rezeptideen für geeignete Gerichte mit nur einer Herdplatte und keinem Ofen (da Gasofen nicht benutzbar), nicht zu vielen frischen Zutaten (da kein Kühlschrank) und möglichst für zwei Wochen gerieten an ihre Grenzen. Aber Essen ist das, was oftmals herhalten muss, um die Stimmung bei Laune zu halten. Zudem ist das Essen in Frankreich deutlich preisintensiver als in Deutschland besonders bei Obst und Gemüse. Ungünstigerweise haben wir auch keinen Discounter bei uns in der Nähe. Am Tag das Einkaufs gibt es bei uns immer etwas fleischhaltiges, da sich das nicht genug kühlen lässt. Hier mal ein paar Einblicke in unsere Bordküche.