Endlich wieder in Bewegung

Wir sind on the road again!


Wir hatten einen sentimentalen letzten Abend mit unseren Australiern Dani und Alyn und unserem englischen Bootnachbarn Steve. Ein letzter gemeinsamer Apfelkuchen mit Wein, Gästebucheinträgen, kleinen Erinnerungsgeschenken und gemeinsamer Aufregung was wohl so kommen mag. Ein letzter Gang über unseren Steg, um all den Anderen Tschüß zu sagen. All den anderen Bootsleute, an denen man täglich mit einem „Ça va?“ vorbeilief oder die uns so oft behilflich in allerlei Dingen waren. Werkzeug, Taxidienste oder einfach nur durch kleine Smalltalks über das Wetter, weil das gemeinsame Vokabular nicht mehr hergab. Plötzlich kommt uns alles so schön und wohlig vor. Wir können uns kaum vorstellen hier morgen nicht mehr zu sein, den Steg nicht mehr ganz selbst verständlich runter zu spazieren oder bei morgendlichen Baguette nicht mehr die Weinberge im Blick zu haben. Warum wollen wir nochmal woanders hin? Über 3 Monate waren wir nun in dem Hafen und er fühlt sich fast wie zuhause an. Aber irgendwie muss auch Veränderung her. Wir wollen segeln und uns wieder neuen Dingen aussetzen, wieder Neues sehen und vor allem: Segeln.

Also ging es früh morgen los. 5:30 Uhr aufstehen, alles klarmachen und dann raus aus dem Hafenbecken. Ein paar Stegnachbarn kommen zum Winken. Dani und Alyn haben auch schon den Motor angeschmissen, da sie gleich nach uns aus dem Hafen düsen wollen. Dann mach ich die Leinen los und ab gehts. Anscheinend ist Scarlett noch nicht mit dem Steg verwachsen. Zwei Minuten nach unserer Abfahrt sehen wir Dani und Alyns Yacht aus der Hafeneinfahrt fahren. Paul tutet voller Kraft in unser Nebelhorn. Wir fahren den Fluss hoch und die beiden abwärts. Obwohl jeder von uns eigentlich in die Andere Richtung fahren wollte. Aber so ist es und ich bin mir ziemlich sicher, dass keiner von uns vieren diese Entscheidung bereuen wird. Ein paar Tränen kullern bei dem letzten Anblick von Condrieu und Les Roches-de-Condrieu. Aber nach ein paar Minuten mit frischem Fahrtwind um die Nase ist schon wieder alles heller.
Wir hatten einfach so ein Glück. Mit dem Hafen, mit den Menschen, mit der Umgebung…Wir werden uns immer an diese besondere Lockdown-Zeit erinnern und sie mit diesen lieben und offenen Menschen verbinden, auch wenn wir uns physisch nur 3 Wochen lang ab und zu auf Abstand treffen konnten, da es vorher verboten war. Trotzdem haben wir diese Zeit zusammen erlebt.

unsere Lieblingsaustraliern fahren in die andere Richtung

Unsere erste Etappe soll Lyon sein. Das sind 40 KM die Rhône rauf. Danach beginnt die Saône. Der Gedanke die Rhône mit ihrer Strömung an einem Tag hinter sich zu bringen ist super reizvoll. Wir hatten ja genug Zeit die Strömung vom Hafen aus monatelang zu beobachten, aber wie schnell Scarlett dann letztendlich an dem Fahrttag gegen die Strömung fährt weiß man erst, wenn man dann Gegenan fährt. Daher sind wir auch so früh aufgebrochen. Die ersten Kilometer zeigten, dass wir schneller als gedacht waren. Mit 3,5 Knoten (normale Reisegeschwindigkeit 5,5 Knoten) pflügten wir uns bergauf. Was für eine Erleichterung. Die erste Schleusung lief problemlos. Soviel hatten wir anscheinend nicht vergessen. Kritisch war dann nur noch ein ziemlich langes Kanalstück kurz vor einer Schleuse. Normalerweise sind die Kanalstücke in Flüssen immer sehr entspannt, da die Strömung außerhalb des Kanals am Wehr lang fließt. Von unserer Hinfahrt wussten wir aber, dass neben der Schleuse ein Stromwerk liegt, dass ordentlich Wasser in diesen Kanal schiebt. Bei unserer ersten Fahrt abwärts waren wir affenschnell und haben damals beschlossen, dass wir hier auf keinen Fall zurückfahren können. Angekommen im Kanal stellen wir fest, dass wir zwar langsamer werden aber die Strömung lange nicht so stark ist wie befürchtet. Das zeigt sich auch bei der Einfahrt in die Saône, in der wir 5 Knoten Fahrt machen. Unfassbar mit was für Strömung bzw. hohem Wasserstand wir im Frühjahr hier runter gedüst sind. Alles sieht jetzt anders aus und wir werden hervorragend voran kommen, wenn die Saône so wenig Strömung hat. Das macht Vorfreude auf den nächsten Fahrtag. Aber jetzt geht es erstmal in den kleinen Yachthafen von Lyon. Dort sehen wir auch eine kleine Peniche und ein anderes Segelboot, die beide vor zwei Tagen an unserem Hafen vorbeigefahren sind. Da es verdammt früh ist (14 Uhr!! –> weil wir so affenschnell waren 🙂 ) haben wir genug Zeit Lyon zu Fuß zu erkunden. Der Yachthafen liegt im alten Industrieviertel, das mit einem verrückten Architektur-Experimenten-Haus nach dem Nächsten aufgepimpt wurde und jetzt ein sehr hippes Viertel darstellt. Am Ufer der Saône reihen sich Penichen an Penichen. Alle bewohnt und wirklich wirklich schön anzusehen. Mein Highlight ist das Dschungelboot. Wir wechseln die Seite der Saône und flanieren die kleinen Gässchen der Altstadt entlang. Dann gehts noch den Stadtberg hinauf, um uns das ganze Mal von oben anzusehen. Eine wirklich facettenreiche Stadt mit viel Wasser und Leben am Wasser. Das gefällt mir.

Hallo Lyon!

Am nächsten Morgen gehts wieder früh los und wir folgen der Saône flussaufwärts. Es geht super voran. Trotz Nieselregen und ungewohnten 15 Grad ist die Stimmung an Bord blendend. Wir haben das Gefühl das Richtige zu tun und hören den ganzen Tag französische Chansons und singen ausgelassen. Der Fluss gleicht an vielen Stellen eher einem See und oftmals ist einfach nur Natur und Wald um uns herum. Ein paar einzelne Schiffe kommen uns entgegen. Das Fahren ist so entspannt, dass wir einen Rekordtag hinlegen. Wir schaffen es bis Mâcon und haben damit 79 KM und 2 Schleusen geschafft. Unglaublich wie weit man kommt, wenn es nicht erst um 10 Uhr hell und um 15:30 dunkel wird.


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