Auf nach Dänemark

Es ist Mitte Juli und endlich können wir nach Dänemark aufbrechen. Damals als wir in Condrieu festhingen und uns überlegt haben, wann wir wieder in der Ostsee sein könnten (falls wir entscheiden umzudrehen), war Mitte Juli unser frühstes und optimalstes Datum. Unglaublich, dass wir das jetzt geschafft haben. Wir wollten nach Dänemark übersetzen und dort erstmal „Urlaub“ machen. Ausruhen, nicht viele Ortswechsel, Entspannen, Genießen. Unglaublich dass wir die letzten 10 Monate immer auf dem dem Weg irgendwo hin waren, und nie wirklich angekommen sind. Endlich war es soweit.
An diesem Tag ging es bis Fehmarn. Gesegelt sind wir nicht wirklich, da das bisschen Wind direkt von vorn kommt. Beim Rausfahren aus der Travemündung passieren wir die „Passat“. Ein großer Viermaster, der ein Aushängeschild von Travemünde ist.

Travemünde

Danach verfolgte uns ein kleines Folkeboot und ein riesiges Fährschiff. Uff war das hoch. Zum Glück passierte es uns erst nach der Mündung und wir hatten etwas Platz zum Ausweichen. Die Bugwellen waren auch nicht ohne. Ich saß auf dem Vordeck, hielt mich gut fest und schrie etwas auf als wir uns dank der ersten Welle schräg legten. Zu tief sitzen die Schreckmomente vom Rhein, wo unser Mast drohte von Bord zu rollen (Zumindest eine von uns dachte das 😛 ). Wir stellten fest, dass sich die Schaukeleigenschaften von Scarlett verändert hatte seitdem die Masten stehen. Sie ist deutlich wellenstabiler geworden und schwankt nicht mehr so stark. Sie pflügt professionell durch die Wellen.

Endlich Ostsee
schaukelfeste Blumentopfkonstruktion

Wir motoren unter der Fehmarn-Sund-Brücke durch und haben Flashbacks. Vor rund 10 Monaten sind wir hier mit unserer Scarlett schon einmal durchgefahren. Gewachsen ist sie nicht in der Zeit, denn wir passen immernoch unter der Brücke durch.

Wir fahren Richtung Fehmarn und ankern in der Bucht vor Orth. Direkt neben uns ist eine naturgeschützte Landzunge mit etlichen Vögeln. Sehr friedlich. Nach dem Ankermanöver lässt Paul es sich nicht nehmen sofort die Hängematte aufzuspannen. Darüber reden wir schon so lange und wollen endlich wissen, ob unserer erdachte Konstruktion funktioniert. Und siehe da, es funktioniert. Keine 10 Minuten später schwingt Paul in der Hängematte und fragt nach einem Anlegebier. Na das geht ja gut los 😀 Der Sonnenuntergang und die Nacht in der Bucht sind wunderschön und ruhig.

Sonnenuntergang
Abendstimmung

Am nächsten Morgen nehmen wir den Anker auf. Endlich können wir das Manöver wieder unter Segeln fahren ganz ohne den Motor. Das ist auch schöner für die anderen Ankerlieger, die vllt noch schlafen. Wir segeln aus der Bucht. Wahrscheinlich durch die Nähe zum Naturschutzgebiet haben es sich in der Nacht unzählige Mücken und Mückenlarve auf unserem Boot gemütlich gemacht. Teile unseres Boots sind einfach schwarz. Während Paul aus der Bucht steuert pflüge ich mit einem Handtuch bewaffnet über das Boot. Dieser Kleinkampf sollte noch bis zum späten Nachtmittag anhalten. Das Wasser ist ganz glatt und einige Yachten halten mitten auf dem Meer damit ihre Crew Wasser springen kann. Wirklich himmlich. Wir setzten alle drei Segeln und freuen uns so sehr. Alles kommt uns plötzlich genau richtig und wunderschön vor. Die Freude über unsere stehenden zwei Masten und die roten Segel will einfach nicht vergehen. Fehmarn und seine Brücke ist hinter uns noch lange zu sehen aber vor uns ist eine lange Zeit einfach nichts. Nur Weite und am Horizont, andere Segelboote oder Frachtschiffe. Die Sonne scheint und wir segeln leicht bekleidet und quickfidel dahin.

Wir genießen das langsame aber stetige Vorankommen und irgendwann ist Langeland in Sicht. Die östliche und langgestreckte Insel der dänischen Südsee. An deren südlicher Spitze liegt der Fischerort Bagenkop, der heute unser Ziel sein soll. Da die Einreisebestimmungen für Deutsche nach Dänemark einen Aufenthalt von 6 Nächten in Häfen vorgibt, steuern wir erstmal nur Häfen an. In Bagenkop gibt es eine schöne Steilküste und ein riesiges Areal mit Wildpferden. Darauf freut sich Paul schon besonders. Daher schmeißen wir auch irgendwann den Motor an um schneller anzukommen, da wir sonst zu nichts mehr auf der Insel gekommen wären.

Der Hafen sieht schon gut voll aus aber ein paar freie Boxen gibt es noch. Dabei ist es eigentlich noch recht früh (16 Uhr) für einen Hafeneinlauf. Das erste Mal seit dem Herbst legen wir wieder an Dalben an und das funktioniert zum Glück auch ganz gut. Das gemütliche Anlegen parallel an einer Wand hat jetzt ein Ende. Wir bezahlen am Hafenautomaten und marschieren los. Erst durch den Ort. Das Hafenbild ist geprägt von der Fischerei. Alles sieht wunderbar dänisch aus. Die reedgedeckten Häuschen, kleine Gassen, Blumen vor jedem Haus, die großen gelben Getreidefelder, die pinken Blumen, die Steilküste. Nordischer Flair. Ich möchte ihn fest umarmen und nie wieder loslassen.

Wir folgen der Küstenlinie immer weiter und klettern über große Steine am Strand bis wir zu dem Gebiet der Wildpferde kommen. Ab jetzt wird durch Wald und Wiesen gestreunert immer ausschauhaltend nach den Wildpferden. Auf einer breiten Wiese finden wir sie dann. Sie haben sogar Fohlen dabei und wirken ganz entspannt.

Wir wählen eine andere Route für den Rückweg und sind nach rund 12 Kilometer wieder am Sportboothafen. Hier hat sich einiges geregt. Der Hafen wirkt nun knüppelvoll. Die beiden Boxen neben uns sind belegt und erstmal ist es super ungewohnt, dass die anderen so nah sind, dass sie uns quasi ins Cockpit greifen können. Das sind wir nicht gewohnt. Ich muss mich direkt zwingen nicht zu sehr rüber zu gucken, um die anderen nicht zu stören. Verrückt. Aber nicht nur die Boxen sind alle voll sondern auch im Eingangsgebiet an den Wänden liegen die Yachten in 5!!! Reihen! Den ganzen abend kreisen ankommende Yachten immer wieder durch den Hafen in der Hoffnung noch eine freie Bucht zu finden. Hier würde sich ein „belegt/frei“-Schild am Eingang wie bei Parkhäusern wirklich lohnen. Bagenkop ist nunmal einer der beliebten ersten Häfen, wenn man aus Norddeutschland nach Dänemark will. Abends machen wir unseren oblogatorischen Hafenspaziergang um Boote zu gucken. Und was für Boote da liegen. Heftigste Yachten neben denen Scarlett wie eine Nussschale aussieht. Alle hochgepflegt und mit allem möglichen Schnick-Schnack ausgestattet. Doppelte Steuerstände und es fehlen nur noch die vergoldeten Handläufe Schwimmendes Geld, eher unsympathisch, kühl und distanziert. Da fallen wir schon auf mit unserem gemütlichen „Aussteigerboot“. Daher kommen wir auch nicht umhin ein paar Fragen von unseren Nachbarn zu unserer „Story“ zu beantworten. Irgendwie ein witziges Gefühl.

Wir laufen zur Mole vor um uns den Sonnenuntergang anzugucken. Pünktlich dazu fangen fünf Jungs an mit Saxophon, Trompeten und Posaunen Musik vom Leuchtturm aus zu spielen. Der ganze Hafen lauscht und applaudiert und wir sind im absoluten Urlaubsmodus angekommen.

© OpenStreetMap contributors

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.