#20 Zivilisation

Nach dem sehr aufregenden Drohnenflug in der engen Durchfahrt von Spårö steuern wir Västervik an. Das sind keine 5 Meilen und mit etwas Glück sind wir vor den Regenschauern im Hafen…oder auch nicht. Denn kurz vor dem Hafen erwischt uns eine Regenfront mit ordentlichen Böen. Natürlich am engsten Stück und mit Gegenverkehr. Ohne Worte. Wir machen an den Stegen der Pampas-Marina fest, die sehr neu und vielzählig sind. Sieht aus, als würden sie mehrere Flotten erwarten. Aktuell ist aber alles leer. Gut für uns, denn wir haben einen straffen Hafentag-Plan. Wasser auffüllen, Wäsche waschen, Müll entsorgen, Proviantieren, die Stadt angucken und ganz dringend ausgiebig duschen. Daher schnappen wir uns kurz nach dem Anlegen unsere Duschsachen und stapfen los zum Bezahlen. Das machen wir im Showroom der dazugehörigen Werft. Wir fühlen uns etwas fehl am Platz mit unseren fettigen Haaren und dem Handtuch unterm Arm. Aber was soll’s, hauptsache wir kriegen den Türcode zum Bad.

Nach ausgiebigen Duschen sind wir neue Menschen und bereit für die Stadt. Mit dem nächsten Regenschauer im Rücken suchen wir uns ein Restaurant mit Lunch-Menü. In Schweden gibt es oft recht günstige und leckere Angebote zum Lunch. Wir essen unglaublich leckere Burger, trinken alkoholfreies Indian Pale Ale und beobachten das regnerische Treiben am Stadthafen. Gesättigte Glückseligkeit breitet sich aus.

Anschließend stromern wir durch Västervik. Eine wirklich gepflegte und aufwendig gestaltete Stadt. In jeder Ecke gibt es etwas zu entdecken. Ein großer Spielplatz für jede Altersklasse, eine Freilichtbühne, Springbrunnen, ausgefuchste Sitzmöbel und viel Aufenthaltsraum für alle. Hier sind sogar die die Steine zur Parkplatzbegrenzung wie Robben geformt.

Eine kleine Kirche hat es uns besonders angetan. Beim Betreten hören wir Orgelmusik und zu meiner Freude erkenne ich alte Disney-Häsin eine bekannte Melodie von Aristocats. Paul kann sich kaum wieder loseisen. Orgelmusik übt eine besondere Faszination auf ihn aus. Während er mit den Ohren lauscht, erfreuen sich meine Augen an der schön gestalteten Kirche. Alle schwedischen Kirchen, die wir bisher besucht haben waren hell, freundlich, bunt und mit viel Holz. Das mag ich. Oft hingen selbstgemachte Plakate von Kindern hoch oben an den Galerien. Die gibt es hier nicht aber dafür ein schönes Modell eines Holzschiffs, das seinen Schatten an der Wand präsentiert.

Weiter ging der Stadtbummel. Wir schlenderten durch Läden, guckten uns dies und das an und entdeckten Kuriositäten in den vielen Antiquitätenläden. In einer kleinen Galerie blieben wir länger. Die Galeristen empfing uns freundlich und zeigte uns die Werke der Schüler und Schülerinnen ihrer Urban-Sketching-Klasse. Sie zeigten Västervik aus vielen Perspektiven und machen mir große Lust auch wieder zu zeichnen. Zum Glück habe ich ja alles mit an Bord. An Materialien für Hobbies fehlt es uns wirklich nicht. Neben Keyboard und Unmengen (eher untertrieben) an Wolle, sind auch noch Sticksachen, Buntstifte, Aquarellkasten, Schnitzmesser, Hängematte, Bücher, Kartenspiele und Leder in Ilvys Schaps verschwunden.

Wenn man eine Frisbee kaufen will, dann wohl hier 😀

Natürlich besuchten wir auch die örtliche Bäckerei. Denn für unseren Geschmack ist die Kanelbullar-Quote dieser Reise noch ausbaufähig.

Einfach lecker diese Zuckerknoten

Nach dem Bummel kommt der Tunnel – der Erledigungen. Wir laufen zu einem Supermarkt und füllen mehrere Ikeataschen mit Leckereien. Enttäuschenderweise wollte niemand anderes das Zeug zum Boot schleppen, also mussten wir selbst ran. Angekommen am Boot verräume ich die Einkäufe in allen Ecken von Ilvy und Paul schmeißt die erste von 3 Wäschen rein. Inklusive Trocknen im Trockner und Konkurrenz von anderen Booten kann das Wäsche waschen schonmal zu einer tagesfüllenden Aufgabe werden. Aber dafür müssen wir es nur selten machen. Zusätzlich wasche ich meine fertiggestrickten Projekte mit Süßwasser und lege sie zum finalen Trocknen aus. Ich freue mich schon sie bald zu tragen.

Checken der Süßigkeitenlage
Endlich ein angemessen großer Stuhl für Paul

Am nächsten Tag geht es nach einem erneuten Gang zum Bäcker weiter. Wir warten ein paar Schauer ab und lassen uns dann unter Segeln vom Steg treiben. Paul checkt noch kurz die Route, aber scheint zu passen.

Ich frage mich derweil wir unsere Griffe wohl geölt aussehen und finde es noch während dieses Törns raus. Schnell das Schleifpapier rausgeholt, alles abgeklebt und los geht’s. Heute sind wir in den äußeren Schären unterwegs und haben etwas mehr Seegang. Mir wird schlecht. Ich bin ja garnichts mehr gewohnt seitdem wir immer in Wellenabdeckung der Schären unterwegs sind. Das kann ich nicht auf mir sitzen lassen. Eisern ziehe ich meine Schleif- und Ölarbeiten durch und gucken zwischendurch starr an den Horizont. Ich finde es hat sich gelohnt. Aber die andere Seite mach ich doch lieber am Ankerplatz fertig…

Nach einer unglaublich leckeren Fika mit unseren ersten frischen Erdbeeren (Mitte Juni!!!) bin ich geheilt.

4 Kommentare

Ja, seid darauf gefasst das in den Eingängen von See erheblicher Seegang von achterauf schieben kann. Da kann man einen ganz schönen Schrecken bekommen wenn man dann in enge Passagen will und es einen am Mors ein paarmal anhebt.
Fahrt entweder ganz drinnen oder weit (!) draußen. Die Schären dazwischen (nördlich von Västervik) sind teilweise in den Außenschären lange Zeit nicht vermessen. Die inneren Wege alle gut zu fahren …
Lasst Euch Zeit!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.