#32 Icebreaker Dschunke

Wie ist es eigentlich ein Dschunke zu segeln, abgesehen von den Segelfähigkeiten? Sehr gesellig!

Wir haben uns schon so an unseren strahlendgelben Anblick gewöhnt. Ich weiß schon garnicht mehr wie Ilvy früher aussah. So blass und langweilig. Daher vergesse ich allzu oft, wie ungewöhnlich wir für andere Menschen aussehen, sobald wir am Horizont erscheinen. Da bist du gerade in deinem schwedischen Sommerhaus am Steg, segelst deine 40ft große Yacht oder bist mit dem kleinen Motorboot auf dem Weg zur nächsten Insel um Butter zu kaufen und dann wirst du plötzlich von einem gelben Unbekannten überrascht.

Staunende, verwunderte und interessierte Blicke säumen unseren Weg. Jedes zweite uns passierende Boot holt die Kamera raus, macht ein Foto und sagt der restlichen Crew Bescheid. Diese tapst dann nach und nach an Deck, um sich das ungewöhnliche Segelobjekt anzugucken. Nicht selten kriegen wir den traditionellen Segler*innengruß (lässiges Handheben) nicht zurück, weil die andere Crew mit Staunen beschäftigt ist. Wir sehen es förmlich rattert in deren Köpfen.

Sehr oft werden uns Daumen entgegen gestreckt. „Nice sail“, „Cool“ und irgendwas auf Schwedisch wird uns bei passenden Windbedingungen zugerufen. An einem guten Segeltag mit vielen Booten entstehen um die 20 Fotos von uns. In einer Bucht erzählt uns ein Mann, dass er uns schonmal gesehen hat und ein Foto bei Instagram hochgeladen hat. Wenn wir weiter in den Norden in seine Heimat fahren, wird man uns schon kennen.

Zusätzlich haben wir den Verdacht, dass viele kleine Motorboote extra auf uns zuhalten und dicht vorbeifahren, um neugierig zu gucken. Vor kurzem standen wir etwas in der Flaute, ein Motorboot legte sich neben uns und hielt einen ausdauernden Schnack mit Paul über das Segel und die Eigenschaften.

Flautenschnack

In einer einsamen Ankerbucht ruderte ein älterer Mann auf uns zu. Er war Segelmacher, hat uns von Weitem gesehen und musste sich das unbedingt angucken. Auch hier folgte ein interessiertes Fachgespräch über das Dschunkensegel und die Umbaumaßnahmen.

Richtig gesellig wird es dann im Hafen. Sobald wir an Deck sind, werden wir angesprochen. Ein paar ganz wenige konservativ eingestellte Menschen sind auch dabei, aber der Großteil ist ernsthaft interessiert und offen. Viele Schwed*innen kennen das Konzept Dschunke. Sobald wir im Hafen sind, sehen wir viele Beine vor unserem Boot stehen. So viele Menschen bleiben stehen, begutachten das ungewöhnliche Boot und fachsimpeln. Um dem Ratespiel etwas Aufklärung entgegen zu setzen, hat Paul für den Aufenthalt in Häfen ein Schild gebastelt. Da kann man die Hardfacts lesen und den QR-Code zu unserem Blog abscannen.

Nicht selten klopft es und wir werden von Interessierten rausgerufen. Erst gestern hat ein Mann geklopft, der in der Nähe wohnt, uns am Vortrag beim Segeln beobachtet hat und nun extra vorbeikommt , um mit uns zu reden. Er plant ein Boot zu bauen und damit auf Langfahrt zu gehen. Aktuell hat er noch ein Wingsail für sein neues Boot im Kopf, aber ich denke seit gestern spielt er ernsthaft mit dem Gedanken einer Dschunke.

Die Dschunke ist aufjedenfall ein guter Icebreaker um in Kontakt zu kommen. Wir werden so viel angesprochen, dass wir selten selbst dazu kommen jemanden anzusprechen. Und wenn nicht die Dschunke der erste Gesprächsaufhänger ist, dann ist es unser Boot, die Maxi77. Der bekannteste Bootstyp in ganz Schweden. Jeder segelnde Schwede oder Schwedin ist schonmal auf einer Maxi77 gesegelt oder hat eine besessen. Ein schwedischer Klassiker. Noch viel erstaunlicher finden daher einige das neue Rigg. Kennt doch jeder und jede die Maxi77 im Originalzustand. Nicht selten wird auch die Nähe der Farbwahl zur schwedischen Flagge lobend hervorgerufen.

Wer je die ILVY rammt ist immer teilschuld, egal wer Wegerecht hatte bei der Optik. „Habe ich übersehen“ wird kein Seegericht akzeptieren.

Thomas (SY Use)

9 Kommentare

Und dann noch die Qualitäten als Eisbrecher … ich denke ihr seid prädestiniert für die Nordwestpassage. Weiterer Ruhm und Ehre warten auf euch.

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