Endlich Westwind. Für einen Tag, gerade ausreichend in der Stärke, von hinten. Das nutzen wir!
Sehr früh aufstehen sind wir neuerdings gewohnt, und irgendwie gehört ein bisschen Schlafmangel auch immer zum Segeln dazu. Also Wecker auf 3:00 Uhr, um noch vor der Dämmerung Kaffee kochen und das Schiff klarieren zu können.
Kaum draußen, pustet es uns sehr gemütlich um Möns Klint herum. Auch wenn echt nicht viel Wind ist: das Dschunkensegel zieht uns richtig gut voran. Mal wieder freue ich mich, dass dieses Segel-Umbau-Projekt so tolle Früchte trägt.
Doch uns fasziniert in diesem Moment noch etwas ganz anderes: die Kreidefelsen im Sonnenaufgang.
Richtig mystisch, im Morgendunst an diesen weißen Giganten vorbei zu gleiten. Das entschädigt allemal für meine gestrige, verpasste Wanderung 🙂
Am Kap angekommen, gehen wir auf Kurs Nordost. Schweden voraus, endlich!!!
Der nun folgende Schlag über den Öresund sollte der längste unserer bisherigen Reise werden: 58,3 Meilen und gute 16 Stunden, ein Schnitt von 3,6 kn. Das ist ganz schön langsam, und liegt daran dass wir richtig oft Flaute haben. Der Motor läuft an diesem Tag leider ein paar wenige Stunden. Aber meistens zieht uns unser quietschegelbes Segel vorwärts, auch wenn kein bisschen Wind im Gesicht zu spüren ist.
Abends kommen wir hundemüde nach einem langen Tag auf dem Wasser in Ystadt an. Der erste Eindruck ist erstmal nicht ganz so schwedisch, aber das sollte noch kommen. Keine Ahnung woher Toni die Energie dafür nimmt, aber sie tritt uns nochmal in den Hintern und wir vertreten uns die Beine auf einem gemütlichen Spaziergang in der Altstadt. Natürlich gönnen wir uns auch gleich mal einen schwedischen Mini-Einkauf: Polarbröd, Kalles und Gifflar <3
Hier in Ystadt haben wir eine Mission: Toni hatte schon vor Tagen ihre neue Sim-Karte aus Deutschland zum Hafenmeister hier in der Marina schicken lassen (fragt nicht, diese Sim-Karten-Story wollen wir einfach nur noch vergessen…). Nun liegt dieser Brief im Hafenmeisterbüro, doch wir kommen Freitagabend an und der gute Mann arbeitet am Wochenende natürlich nicht. Also verbringen wir zwei Tage in Ystadt um auf diesen Brief zu warten.
Wir nutzen einen Tag für einen Großeinkauf bei Lidl und um Benzin zu tanken. Beides schleppen wir auf dem Rücken zum Boot, yippieee. Ach was, das klappt schon irgendwie, und danach haben wir uns die schwedische Fika redlich verdient. Dazu kommt, dass das Erkunden eines ausländischen Supermarktes ein Abenteuer für sich ist, selbst bei Lidl. Hier gibt es so viele leckere Dinge zu sehen und zu kaufen, die es bei uns einfach nicht gibt: Mehl in 5 kg Säcken, Unmengen an Haushaltskäse, generell riesige Verpackungen, super viele alkoholfreie Biere und Getränke, Fisch in rauen Mengen, Kaviar, Gurken-Relish, Zimtschnecken, dutzende verschiedene Knäckebrote, die obligatorische schwedische Tex-Mex-Abteilung, und und und… Dazu kommt: gar nicht mal so teuer – zumindest bei Lidl.
Außerdem besorgen wir uns eine 100GB Prepaid-Simkarte von Telenor, einem schwedischen Anbieter. Im Vergleich zu Deutschland extrem günstig, und damit bestücken wir unseren LTE-Router an Bord. Eigenes Bord-WLAN: here we go!
Uuuund dann besuchen wir noch einen richtig urigen Schiffshandel: kein klassischer Hochglanz-Yachtausrüster wie die bekannten Konsorten. Nein, hier gibt’s alles, von geteertem Tauwerk mit seinem charakteristischen Geruch nach alten Holzbooten, Ersatzteile in neu und (!) gebraucht, Öllampen, Messer, Modellschiffe, Buddelschiffe, Flaggen, Klamotten, einfach alles und sehr mysa.
Toll!
Nebenbei findet an diesem Wochenende wohl eine mehr oder weniger große Laser-Regatta statt. Die kleinen Boote tummeln sich auf dem Wasser, segeln wie wild durch den Hafen auf dem Weg zur Regattastrecke draußen auf der Ostsee, oder warten mit flatternden Segeln an Land auf ihren Einsatz.
Hier in Ystadt treffen wir auch wieder auf Nicole und Jürgen, von der „MY Kleine Briese“. Die beiden sind echt nett, und wir verbringen mal wieder eine Abend in bester Langfahrt-Manier bei leckeren Getränken, Klönschnack und Seemannsgarn. Am Sonntag wollen wir eigentlich zu einer kleinen Wanderung aufbrechen, als wir von den beiden um Hilfe gebeten werden: bei der Einfüllung von Hydraulik-Öl in ihre Steueranlage hakt es. Fix schauen wir drüben vorbei. Während ich mir mit Jürgen und Nicole die Finger ölig arbeite, chillt Toni auf dem riesigen Vordeck des Motorbootes, macht Yoga und krault den Bordhund. Wir versuchen es mit vereinten Kräften, doch trotz allem wird daraus eine vierstündige Aktion. Wir sind gerne dabei und helfen, wandern kann man auch noch wann anders.
Irgendwann ist Feierabend, und die beiden bedanken sich mit einer Einladung zum örtlichen Fischrestaurant direkt hier am Hafen. Während uns das Wasser im Mund zusammenläuft, sagen wir natürlich nicht Nein! Mmmhhh ist das lecker.
Ein gänzlich unerwarteter, aber gelungener Tag neigt sich dem Ende.
Ob unser morgiger Tag auch so entspannt und lecker wird? Werden wir den Brief abholen können?
Sehr schön geschrieben – genau wie die anderen Beiträge und die Drohnen-Fotos sind ebenfalls super!
Danke 🙂
..schon wieder diese Spannung!
Hoffe der 13. Teil kommt schnell. Euch eine schöne Zeit in Schweden und hoffentlich mit 100gb Internet.
Das Management einer bekannten Telenovela hat schon angefragt, ob wir deren Drehbuch weiterschreiben wollen… Wir sind nd mit den Konditionen aber noch nicht einverstanden
Hej!
Wie schön das es den Schiffs-bedarf noch (wieder) gibt! Stand eine Zeitlang zu und war schon fast endgültig zu…
Ystad ist doch super…alle kennen alle Häuser da die allermeisten Schwedischen Filme dort gedreht sind…Lasst Euch Zeit!
Ihr seid zu schnell…
Liebe Grüße aus dem kalten und manchmal nassen Kiel