Also warteten wir auf die Freigabe von VNF für die weitere Schifffahrt auf dem Doubs. Laut meinem Telefonat mit dem Büro in Besancon sollte es am nächsten Tag, vorraussichtlich sogar morgens, schon soweit sein.
Zwar saß man in dieser Zeit in Scarlett echt auf heißen Kohlen, doch man wusste auch wie man das Leben genießt <3
Am nächsten Morgen (Samstag) war das erste was wir taten nach dem Sandmännchenstaub aus den Augen reiben: Mails checken. Leider keine Entwarnung von VNF dabei. Uff, das riss uns runter. Ich glaub es war kurz vor 12 als wir uns endlich aufraffen und aufstehen konnten. Naja, irgendwie muss man ja durch den Tag kommen. Was spekulierten wir! Von wegen am Wochenende läuft da doch eh nix, die sind alle verpeilt, ein paar Schimpfwörter fielen auch. Ich habe noch nie so oft meine Mails gecheckt wie an diesem Tag.
Und dann geschah das Unfassbare! Eher halbherzig schaute ich um 14:03 Uhr nochmal auf die Website von VNF, vielleicht waren die Meldungen dort ja aktueller. Tatsächlich!!! 😀
Freigabe der Schifffahrt ab 14 Uhr! Yeah Yeah Yeah!!! Und wir hatten nur 3 Minuten verpasst 😀
Selten waren wir so schnell abfahrbereit! Öl: check, Kühlwasser: check, Instrumente: on, Kuchenbude: hochgekrempelt, Gas: aus, Leinen: los, und Vollgas!
Der Doubs hatte tatsächlich noch ordentlich Strömung. Das war aber machbar, es waren ja auch wirklich nur noch knappe 10 km. Wir wollten einfach nur nach L’Isle-sur-le-Doubs, dieses kurz gesteckte Tagesziel war auch mit starker Gegenströmung zu schaffen.
Kurz vor dem Ziel veranstalteten die letzten Doubs-Schleusen noch eine kleine Abschiedsparty für uns, indem sie Scarlett freudig hin- und her warfen und die Schleuseneinfahrten mit ordentlichen Querströmungen beschenkten.
Was war die Freude groß, als wir in der letzten Schleuse angekommen waren! Von nun an würde es bis zum Rhein keine nennenswerte Strömung mehr geben, nur noch easy Kanalstücke (easy… dachten wir).
Ach du schönes Kanalleben. Wir hatten uns so sehr darauf gefreut!
In L’Isle-sur-le-Doubs haben wir dann ganz kurz und temporär an einem besonderen Steg angelegt: direkt neben einer Tankstelle. Die war keine 50 m entfernt. Also fix den Dieseltank bis obenhin befüllt und alle Kanister voll gemacht 🙂
Dann sind wir noch eine Schleuse weiter gefahren zu unserem Platz für die Nacht. Hier gab’s den Liegeplatz und sogar Wasser umsonst, nur für Strom hätte man ne Kleinigkeit blechen müssen. Nicht für uns, da wir unsere hammergeilen Solarzellen am Start hatten! Es ist tatsächlich ein ziemlich beglückendes Gefühl, so autark zu sein. Fehlte nur noch ein Trinkwasserbereiter und ein Müllatomisierer, und wir wären völlig offgrid… bei der nächsten Yacht vielleicht 😛
Dort trafen wir sogar zwei bewohnte Motorboote an. Das eine war jenes, nach deren Schleusung wir drei Stunden auf VNF hatten warten müssen. War nicht ihre Schuld, aber so hatten wir gleich ein Thema über das man zusammen lästern konnte. Ich war ein bisschen stolz dass ich das auf französisch hinbekommen habe. Leider hatte der gute Mann auch schlechte Nachrichten für uns: vor uns sollte der Kanal total mit Algen zugewachsen sein. Och nee, oder!? Wir wollten doch in drei Tagen im Rhein sein, und außerdem meinte der Schleusenmeister der ersten Schleuse am Kanaleingang doch, dass hier alles sauber wäre. Mist! Der gute Mann meinte, wir könnten’s ja versuchen. Er würde jedoch noch drei oder vier Tage warten, dann würde VNF das hoffentlich wegschneiden.
Wir waren uns ziemlich unschlüssig, was wir tun sollten. Warten war nach den letzten Tagen keine favorisierte Option! Am nächsten Morgen vereinfachte sich die Entscheidung dann etwas, da ein nettes VNF-Fräulein angefahren kam und uns fragte wann wir denn weiterfahren wollten. Ich fragte nach den Algen, und sie meinte: Ja, da sind viele, aber sie können es versuchen. Nagut, wir wollten nicht schon wieder warten, also versuchen wir es!
Wir sind heute morgen also losgefahren… 3 Schleusen weit… Bilder sagen mehr als tausend Worte und so…
Genau! Zack, nach der ersten Schleuse war die Schraube zu. Kennen wir ja schon aus dem Winter, Scarlett wackelt dann ein bisschen mehr. Doch hier half selbst Rückwärts-Vorwärts-Einkuppeln nichts mehr. So ein Mist… Zumindest war der Kühlwasserkreislauf nicht dicht, unsere Hübsche mit den scharlachroten Flügeln spuckte fleißig Wasser achtern raus.
Unsere Schleusenwärterin wurde auch immer kleinlauter. Erst meinte sie ja morgens noch, ach das klappt schon, sie macht extra für uns mit einem Rechen die Schleusen frei. Nach der ersten Schleuse war ihr entspanntes Lächeln dann verschwunden, und sie meinte sie rufe jetzt Verstärkung, die Arbeit sei körperlich zu anstrengend. Das hat sie dann auch eindrücklich am Telefon wohl ihren Vorgesetzten beigebracht. Wir erwarteten einen muskulösen Hulk, den sie da aus dem Wochenende klingelte. Stattdessen stiegen aus dem nächsten VNF Auto zwei Damen, die immerhin etwas muskulöser aussahen als unsere Schleusenwärterin. Zu Dritt machten sie sich dann ans Algen recheln. Auf mein Angebot, mit anzupacken, meinte sie nur dass dieser Saftladen von VNF auch zu wenig Werkzeug hätte und deswegen hätte sie keinen Rechen für mich übrig. Es gäbe hier sogar automatische Schleusenputzmaschinen, die wir auch gesehen haben, doch wäre deren Motor zu schwach und die würden die Menge an Algen nicht verkraften. Oha! In der Zwischenzeit wurde aus ihrer Wir-Schaffen-Das!-Laune nur noch ein verzweifeltes Bonne-Chance…
In den beiden letzten Schleusen wurden wir zudem noch von einigen Schaulustigen beobachtet – und gewarnt. Der eine schlug die Hände über dem Kopf zusammen, als wir in die Schleuse einfuhren, und gestikulierte uns wir seien verrückt wenn wir weiter durch diese Suppe fahren würden. Er begleitete uns dann sogar mit dem Fahrrad noch bis zur nächsten Schleuse, wünschte uns mehrmals Bonne-Chance, fluchte auf VNF und versuchte uns Mut zu machen.
Drei Schleusen hinter unserem letzten Anleger sollte ein Naturanleger sein. Der sollte es werden, die Algenplage tat niemandem gut. So ein Quark!!! Die arme Schleusenwärterin begleitete uns dorthin, entschuldigte sich tausendmal für die beschissene Organisation und fluchte über ihre Vorgesetzten. So ne Behörde! Sie meinte, seit März herrsche hier schon die Algenplage, doch die Direktion sehe es nicht ein Leute zur Säuberung abzustellen. Doch in den nächsten Tagen solle endlich geschnitten werden.
Nun gut, warten wir wieder. Ham wa ja nu Übung drinne…
Zumindest unser neuer Anleger ist wunderschön gelegen. Man muss nur aufpassen, dass man den Kanal nicht für eine Wiese hält!
Um kurz nach 11 Uhr hatten wir festgemacht. Das Unglauben war groß, die Motivation weg und die Mittagshitze groß.
Irgendwann akzeptierten wir unsere Lage, Toni machte ne kleine Radtour zu den nächsten Schleusen um die Lage zu sondieren, dann schrieb ich Blog und Toni strickte.
Ach eigentlich ist es wirklich sehr schön hier! Vielleicht müssen wir nur unseren Drang ablegen, irgendwann mal dort anzukommen wo wir hinwollen, egal ob Mittelmeer oder Ostsee 😀