Am 06.10 planten wir einen langen Segelschlag nach Kiel. Wetter und Wind waren perfekt angesagt und so rauschten wir bei wunderschönem Sonnenschein und Rückenwind nach Kiel. Bei Sonnenaufgang fuhren wir aus der Ankerbucht und später unter der Fehmarnsund-Brücke Richtung Kieler Förde. Dieser Segeltag war einfach perfekt. Wir bemühten alle drei Segel und freuten uns einfach so über unseren Zweimaster und die fantastisch roten Segel. Jeder vorbeifahrende Segler beäugte uns neidisch. So dachten wir uns das jedenfalls 😉
Zwei Stunden vor Kiel geschah dann das Unvorhersehbare und wir verloren unseren Bootshaken. Der lag von Anfang an auf dem Handlauf an Deck und wurde schon Tage zuvor mit den Worten „dafür müssen wir einen besseren und sichereren Platz finden“ bedacht. Naja manchmal sollte man Dinge dann doch gleich erledigen. Der Bootshaken war auch echt schön und stabil. Nicht so ein Standardding. Auf jeden Fall landete er im Wasser, schwamm aber noch. Wir leiteten sofort ein Mann-über-Bord-Manöver ein aber es war vergebens. Entweder ist er vollgelaufen und untergegangen oder er hat uns eindrucksvoll gezeigt wie schwer bis unmöglich es ist jemanden zu finden, der über Bord gegangen ist. Trotz dem nur leichten Seegang und Sonnenschein.
Über diese Enttäuschung half uns später der Anblick der Kieler Förde bei Nacht hinweg. So friedlich, glitzernd und vertraut. Ein wirklich schönes Gefühl.
Irgendwie fühlte es sich wie das Ankommen nach einer Reise an und das obwohl wir doch jetzt erst starteten. Aber Paul war schließlich auch schon einige Monate nicht mehr in Kiel und ich einen Monat. Wir ankerten bei Heikendorf und schliefen tief und fest nach unserem 12h-Segeltörn.
Am Morgen frühstückten wir in unserem Cockpit in der Sonne. So kann der Oktober weiter gehen…
Danach fuhren wir an die Kiellinie und suchten uns einen Liegeplatz, der für alle gut erreichbar war. Wir hatten einige Erledigungen wie Zahnarzt, Optiker, Yacht-und Bootsausrüster, alte Arbeitsstätten, Kleinkramläden und Supermärkte auf dem Zettel. Zum Glück lieh uns Henry sein Auto und wir konnten die zwei vollgeladenen Einkaufswägen aus dem Supermarkt easy-peasy zum Boot transportieren.
Das wichtigste Projekt für die Zeit in Kiel war das Pocken-Kratzen. Paul versuchte das schon in der Trave aber in der Brühe war nichts zu sehen. Abhilfe und super Unterstützung leistete Henry mit seiner professionellen Taucherausrüstung. Beide tauchten an zwei Tagen einige hunderte Male auf und ab und kratzen mit Eiskratzern und Kochlöffeln den Rumpf des Boots frei. Dieser war komplett von Pocken besetzt, die unser Boot erheblich langsamer machten. So die Hoffnung. Sonst würden wir mit der jetzigen Geschwindigkeit keine Chance gegen den Rhein später haben. Die Schuffterei der Beiden zeigte vollen Erfolg und machte uns turboschnell. Die Schraube war wieder frei und wir pflügten mit knapp 7kn Maximalgeschwindigkeit durchs Wasser.
Wir planten zwei Tage in Kiel zu bleiben. Die Vormittage wurden für Erledigungen genutzt während wir an beiden Abenden unsere engsten Freunde zum Open-ship eingeladen hatten. Jeder konnte kommen und gehen wann er wollte. Das Konzept bewährte sich, da doch einige Leutchen zusammen kamen und so verteilte sich das perfekt. Brechend voll war es trotzdem!
Wir fühlten uns soo umarmt und selig. Alle freuten sich für uns und bestaunten unsere Scarlett. Wir gaben Bootsführungen und beantworteten alle Fragen so gut wir konnten. Es war wirklich schön. Einige blieben den ganzen Abend, andere kamen nur für eine Umarmung und einen Blick ins Boot vorbei. Es war einfach herrlich und genau das, was man für den Start eines solchen Projekts braucht.
Eigentlich war auch noch geplant mit ein paar Leuten aus Paul’s Segelverein, dem EWSK, auf Scarlett Kaffee zu trinken. Das mussten wir dann aber leider aufgrund des ganzen Vorbereitungsstresses absagen :-/
Dann sollte es losgehen Richtung Holtenau um in den Nord-Ostsee-Kanal zu schleusen und uns zu den richtig großen Pötten zu gesellen. Wir hatten Henry und Konsti an Bord, denen wir einen Törn zur Schleuse versprochen hatten, von der sie dann zurück nach Kiel radeln wollten. Jaaaa so war der Plan. Aber dann sprang der Motor nicht an und das obwohl er 30 Minuten zuvor noch funktioniert hatte. Grr😟🙄 nur der Vorführeffekt oder ein dickes Problem?
Wir verbrachten die nächsten 6 Stunden kopfüber in der Bilge und verfolgten Kabelführungen. Mit dem Erfolg, dass wir das Problem einkreisten, zwar nicht lösen, aber umgehen konnten und dass wir das gesamte Kabelwirrwarr besser durchblickten. Das Problem saß im Schaltpanel des Motors. Da hat sich wohl ein Wackelkontakt eingeschlichen, den man aber nicht so leicht findet bei sooo vielen Kabeln. Aber indem man den Motor kurz schloss mithilfe einer Schere startete zumindest der Motor (Anmerkung der technischen Redaktionsleitung: Wir haben das Anlasserrelay überbrückt). Die beiden Gäste hatten sich bis dahin schon verkrümelt. Wir legten zu zweit ab Richtung Heikendorf und ankerten erneut in der schönen Bucht mit Blick auf die Schleuse Holtenau.
07.-09.10.2019