Auf auf, Richtung Süden! Das heißt raus aus dem Vejle-Fjord, rum ums Kap von Trelde Næs und schon waren wir im Lille Belt.
Hier brieste der Wind deutlich auf, und wir mussten hart an den Wind. Da wurde es dann schon auch etwas ungemütlicher. Doch die Landschaft ringsum entschädigte so gut sie konnte.
Während wir so Richtung Middelfart und Lille-Belt-Brücken schipperten, am Wind, vorbei an vor Anker wartenden Frachtern, ließen wir es uns nicht nehmen das Leben kulinarisch in vollen Zügen auszuschöpfen.
Vorbei ging es an den Werften von Fredericia im Norden, während wir den Leuchtturm von Strib querab im Süden passierten.
Ungefähr hier muss es gewesen sein, wo wir ein äußerst seltsames Spektakel auf dem Wasser erlebten: Während wir auf kabbeligem, kräuseligen Wasser segelten, kam direkt voraus eine scharf abgegrenzte Linie im Wasser in Sicht. Bis zur Linie war alles normal, kräuselige Wellen passend zum Wind. Hinter der Linie war das Wasser einfach spiegelglatt, keine Wellen, kein Kräuseln, kein Nichts. Als wäre Flaute. Die Linie war durch etwas Schaum deutlich sichtbar und mäanderte von Ufer zu Ufer. Da uns bewusst war, dass im kleinen Belt ordentlich Strom sein konnte, mussten wir davon ausgehen dass dies die Linie war an der der Strom kenterte (also seine Richtung umkehrte). Auf das Schlimmste gefasst pickten wir uns mit unseren Lifelines ein, klammerten uns am nächsten Bügel oder Geländer fest, und schon schossen wir mit voller Fahrt über diese sonderbare Linie.
Es passierte nichts. Gar nichts. Scarlett lief nicht mal ansatzweise aus dem Ruder. Der Wind blies wie zuvor, und wir konnten nicht glauben dass es das nun gewesen sein sollte.
Es ist uns bis heute unerklärlich wodurch diese Linie, dieses Phänomen, ausgelöst wurde. Fotos haben wir im Eifer des Gefechts natürlich keine gemacht.
Also weiter! Der Tag begann sich zu Ende zu neigen, und die Ankerbucht rief schon gut wahrnehmbar nach uns.
Hindurch durch beide Brücken, mussten wir auf dem kleinen Stück rund um Galsklint kurz den Motor anwerfen. Gegen den Wind bei Gegenstrom kreuzen ist möglich, aber dazu hatten wir einfach keine Lust. Kaum waren wir durch die engste Stelle des kleinen Belts hindurch, verließen wir den industriellen und bebauten Teil des Lille Belts und tauchten ein in die wunderschöne Landschaft der bewaldeten Steilklippen und kleinen Buchten des südlichen kleinen Belts. Wir bogen ab in das Fahrwasser zwischen Galsklint und Fænø und sahen unsere Ankerbucht schon voraus.
Als wir vor dem Wind durch die Teglgård Bucht glitten, waren alle Strapazen des Tages wie weggeweht. Unser Anker fiel kurz nach 19 Uhr in der Fønsskov Odde am Eingang zum Gamborg Fjord. Nach einem ausgezeichneten Abendessen – Gott sei Dank hat Scarlett einen Backofen – fielen wir müde und glücklich in die Koje.
Am nächsten Morgen war ich wie immer der erste auf den Beinen, und setzte Kaffee auf. Kurz nach draußen für das morgendliche Recken und Strecken, doch was sehe ich da? Wir sind umzingelt! Piraten mit grimmigen Grimassen, bereit uns zu entern, halten geradewegs auf uns zu. Alle Mann an Deck! Macht die Kanonen klar! Zieht Degen und Rapier!
Oder erstmal nen Schluck frisch gebrühten Kaffee. Danach sah die Welt schon anders aus! Aus den Piraten wurden eine Jugendabteilung eines dänischen Traditions-Segelvereins, und aus den Piratenschiffen wurden kleine Jollen – Replika der regionalen traditionellen Fischerjollen. Das sah dann richtig schön aus 🙂
Toni erging es an diesem Tage leider nicht so gut, deswegen vereinbarten wir Kojenruhe für sie, während ich Scarlett alleine – also „einhand“ – zu nächsten Insel auf unserer Route lenken sollte. Soweit, so gut! Nur Rasmus dachte nicht daran uns zu helfen, sondern machte ordentlich Welle. Ich ließ das Groß unten, und lief nur mit gereffter Genua und Besan mit im Schnitt 6 kn Richtung Süden. Nur Fliegen war schöner!
Wir ließen Brandsø steuerbords liegen, passierten das Storskov und rundeten Bågø in Lee. Da war das Wasser schön glatt. Zum Anlegen kam Toni dann doch noch an Deck, und nach nur etwas mehr als vier Stunden auf See lagen wir schon wieder sicher und fest vertäut im Hafen. Erstmal Kaffee und Kuchen!
Auf Bågø blieben wir noch zwei Tage. Toni wurde wieder fit, und wir sammelten Impressionen dieser wunderschönen kleinen Inselidylle.
Toll, daß die Reise für mich neugierige Leserin weitergeht. Ich freue mich immer auf den spannenden Bericht. Liebe Grüße aus Rahnsdorf