Die gnädige Nordsee

Nach einer entspannten Nacht in Brunsbüttel ließen wir es ruhig angehen. Wir genossen die Sonnenstrahlen im Cockpit und das Wlan des Hafens, um Handbücher und die Wartungsanleitungen unseres Motors herunter zu laden und sie somit immer griffbereit zu haben. Ich war ganz schön aufgeregt weil uns hinter der Schleuse von Brunsbüttel die Elbe mit Tide und der großen weiten Nordsee erwartete. Soweit war ich auf einem Segelboot noch nicht gekommen. Nach dem gemütlichen Nord-Ostsee-Kanal kam da nun riesiges Gewässer was zu bestimmten Uhrzeiten entweder gegen dich oder mit dir arbeitet. Aus dem Grund ließen wir uns an diesem Vormittag bis 15 Uhr Zeit zum Ablegen um mit der Ebbe aus der Elbe Richtung Cuxhaven gespült zu werden. Und siehe da, unterm Sog der Ebbe hatten wir eine Reisegeschwindigkeit von 8-9 Knoten statt der üblichen 5,5 Knoten. Fantastisch! Somit erreichten wir eine Marina in Cuxhaven kurz vor der Dämmerung.

Nach dem gemütlichen Hafen in Brunsbüttel war dieser Yachtclub eine reine Enttäuschung. Die Liegegebühr für eine Nacht kostete 15 Euro was abgesehen von Kiel mit 16 Euro pro Nacht bisher der happigste Preis war. Außerdem sollte man fürs WC!, Duschen, Strom und Wasser noch extra zahlen und einen Hafenmeister für ein wenig Service gab es auch nicht. Naja so ein Hafen kurz vor der Nordsee kann es sich halt leisten, da man auf ihn angewiesen ist bei langen Schlägen. 

Wir hatten einen langen Schlag über die Nordsee nach Bremerhaven vor uns. Eigentlich war die Nordsee garnicht vorgesehen in unserer Routenplanung aber durch eine Sperrung des Elbe-Weser-Kanals blieb uns entweder die Nordsee oder ein Umweg über die Elbe und Hannover. Das Wetter war traumhaft angesagt. Sonnig und kaum bis garkein Wind. Daher wurde es die Nordsee!

Am nächsten Morgen klingelte unser Wecker um 5:30 Uhr. Da wir auf Nummer Sicher gehen wollten, umfuhren wir die Wattinseln großräumig und hatten somit mehr Strecke. Also hieß es früh aufstehen und die Ebbe und später dann die Flut nutzen. Eine Stunde früher losfahren bedeuten zwei Stunden früher ankommen. Schon verrückt dieses Spiel mit Ebbe und Flut. Ich hatte ziemlich viel Respekt vor diesem Tag und wollte es einfach nur hinter mich bringen. Nordsee bedeutet für mich Sturm, aufs Watt auflaufen und riesige Wellen (okay vllt. bin ich in der Hinsicht eine kleine Dramaqueen)…aber zum Glück zeigte sich die Nordsee ganz zahm und gnädig und präsentierte bestes Bootsfahrwetter. 

Noch in der Morgendämmerung legten wir ab und genossen den Sonnenaufgang vom Wasser. Wirklich schön und so friedlich. Naja vllt bis auf die ganzen Schiffe aller Art, die uns überholten und uns mit ihren Wellen auf Trab hielten. Aber dafür waren die verschiedenen Schiffstypen wirklich interessant. Neben „normalen“ Containerschiffen, die man auch in Kiel bzw. im NOK antrifft, sahen wir hier auch noch viel größere und höhere Containerschiffe, Schiffe nur für Autos, Baggerschiffe und Fischer mit aushängenden Krabbennetzen an beiden Armen. Auch die Schiffszeichen-und Barkenvielfalt mit ihren Bohrinseln, Plattformen und Windkraftanlagen sind anders als in der Ostsee. Wir verfolgten die Schiffe mittels AIS und hatten somit genug Informationen über sie, um unsere Neugier zu stillen. 

Sonnenaufgang über der Nordsee
auf der anderen Seite bereitete sich der Mond auf seinen Abgang vor

Sonst blieb alles recht entspannt. Zweimal zogen wir die Genua, um unseren Motor etwas zu unterstützen aber sowohl Windstärke als auch Windrichtung wollten nicht recht passen. Wir fanden all unsere Wegbojen und -punkte. Besonders spannend waren die Veränderungen unserer Geschwindigkeit, sowohl wenn wir die Richtung etwas änderten, als auch zu den Kenterzeiten der Tide. Kurz vor Bremerhaven zog ein kleines Containerschiff an uns vorbei und Paul erkannte an der Aufschrift der Container eine isländische Speditionsfirma. Und tatsächlich am Heck des Schiffs stand nicht nur irgendein isländischer Heimathafen sondern genau Þórshöfn. Die Stadt neben der Paul die letzten Monate auf Island gewohnt hat. Zufälle gibts!

ein Fischer und seine Möwengefolgschaft

Dank des früheren Starts fuhren wir um 16 Uhr in Bremerhaven ein. Unser ausgeguckter Hafen lag hinter einer Schleuse, damit er nicht trockenfällt bei Ebbe. Also musste noch ein Schleusengang her bevor wir an einem kleinen Seglerverein festmachten. Der Hafenmeister erlaubte uns am nächsten Morgen den Vereinskran zu benutzen, damit wir unseren Mast legen konnten. Das war dringend nötig, damit wir unter allen zukünftigen Kanalbrücken durchkommen. Paul schlug noch bis spät abends die Segel und alle Leinen ab, während ich uns mit ausreichend Gin Tonic und armen Rittern mit Salat versorgte. 

Ankunft im Industriehafen von Bremerhaven
die letzten Minuten der stehenden Masten
Kopf einziehen! Schwebende Masten..

14.-15.10.2019

1 Kommentar

Hallo Antonia, ich weiß jetzt schon, dass ich eine eifrige Leserein deines Blogs sein werde und euren Turn verfolgen werde. Gruß Christina

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