#16 Durch den S(chl)und

Wir verlassen Utklippan, und lassen diesen wunderschönen Fels in der Brandung zurück. Bei schönstem Rückenwind schaukeln wir uns flott nach Norden.

Kaum kommen wir dem Festland wieder näher, taucht um uns herum Seenebel auf. Er scheint vom Land her zu kommen, dichte Schwaden treiben auf uns zu. Vorsorglich prüfen wir unsere Navigationsgeräte und stellen sicher, dass keine größeren Schiffe in der Nähe sind. Rein in die Suppe!

Es stellt sich heraus, dass die Suppe hätte dichter sein können. Wir können immernoch einige Hundert Meter weit sehen. Und es dauert auch nicht lange, bevor die kraftvolle Sonne die Nebelschwaden sprichwörtlich in Luft auflöst.

Kaum ist die Sonne draußen, nimmt der Wind zu. Wir fliegen, gleiten auf gelben Schwingen über das tiefe Blau des Kalmarsunds. Toni liest aus der „Insel der tausend Leuchttürme“ vor, am Horizont erscheint ein weißes Segel. Es wird größer, wir kommen näher.

Eingeholt 🙂

Der Wind nimmt stetig immer weiter zu. Wir erinnern uns an die Schauermärchen, die man von allen Seiten aus dem Kalmarsund hört: steile Welle und echt nicht mehr schön, wenn’s hier bläst. Die Rumpfgeschwindigkeit haben wir auch mal wieder stetig überschritten, also reffen wir, schön einfach platt vorm Wind.

Als dann irgendwann die Wellenkämme schaumig werden und wir trotz nur 1/3 Segelfläche viel zu schnell sind, beschließen wir, nicht noch weiter nach Kalmar zu düsen, sondern einen kleinen Hafen davor anzulaufen: Ekenäs. Hier legen wir zum ersten Mal mit einer Heckboje an. Dies ist anscheinend sehr verbreitet hier in Schweden, aber für uns noch ganz neu. Klappt beim ersten Mal gleich ganz formidabel!

Es sollte eine absolute Traum-Entscheidung sein: Ekenäs ist ein Idyll.

Hier gibt es eine kleine Handwerks-Bäckerei, die nur ganz kurz am Tag offen hat. Für alle, die das nicht wissen oder aus anderen Gründen verpassen, haben sie eine große Gefriertruhe mit frisch gebackenen, eingefrorenen Leckereien vor die Tür gestellt. Gezahlt wird auf Vertrauensbasis. Richtig toll! Wir gönnen uns eine große Tüte tiefgefrorene Kanelbullar, chillen uns an den Sandstrand gleich daneben, genießen die Sonne und wir gehen im immernoch eisigen Wasser baden. Die Tüte mit den Kanelbullar taut dabei in der gleißenden Sonne auf unseren Handtüchern im Sand auf.

Kaum zurück an Bord, gönnen wir uns eine anständige Fika mit Kardamomschwangeren Kaffee und den frischen Kanelbullar. Leben läuft!

Wir lernen hier Lutz und Connie mit ihrer Stine kennen, die schon mehrere Jahre in die Schären segeln und einige ihrer Lieblingsorte in den Schären mit uns teilen. Danke, ihr beiden!

Wir verbringen einen sehr geselligen Abend an Bord der Stine mit Connie und Lutz. Doch irgendwann kommt der Mond raus und die Sonne verschwindet in die Koje. Wir fangen langsam an zu frieren, und tun es ihr gleich.

Am nächsten Morgen legen wir ab, Richtung Kalmar, beinahe zeitgleich mit der Stine. Zuvor geben wir den interessierten Beiden noch eine kurze Führung durch die Besonderheiten unserer Ilvy. Kaum abgelegt, können wir uns ein gegenseitiges Foto-Shooting doch nicht verkneifen 🙂

Unsere Wege trennen sich – vorerst. Wir haben auf unserem Weg etwas mehr Pech mit dem Wind, und verhungern in einer kleinen Flaute, während die Stine näher an der Küste segelt und uns dort entwischt. Macht nix, sind ja nicht in Eile. Als der Wind zurück ist, überholen wir kurz vor Kalmar noch die Vela. Ich bin ja eher der Fahrtensegler, weniger der Regattasegler der noch den letzten Zehntel Knoten rausholen will. Aber seit wir die Dschunke fahren, packt’s mich doch schon öfters: Beinahe jedes Schiff am Horizont wird als Gegner auserkoren, den es zu überholen gilt. Macht aber auch wirklich Spaß, jetzt, wo wir so verdammt schnell geworden sind. Wie auch immer, das sie überholt werden hält die freundliche Crew der Vela nicht davon ab, tolle Fotos von uns zu schießen. Noch beim Überholen tauschen wir Nummern aus, und so kommen wir in den Genuss dieser Schmankerl.

Aufgrund der kurzen Strecke heute, kommen wir recht früh in Kalmar an. Es folgt ein Einkaufs- und Waschmarathon an diesem Tag. Wir schleifen dutzende Kilos an Gemüse, Konserven und Leckereien vom nächsten Lidl zu uns. Zum Glück können wir uns dafür Fahrräder vom Hafenmeister ausleihen. Nehmen den Bus zu Biltema, unserem Lieblings-Baumarkt in Schweden, und kaufen ein paar lang ersehnte Ersatzteile von der Liste – unter anderem neue Fender.

Dazwischen bedienen wir immer wieder die Waschmaschinen und Trockner: Sie sind hier in Kalmar kostenlos, und so waschen wir einmal alles an schmutziger Wäsche die wir an Bord haben. Nach einem langen, arbeitsreichen Tag belohnt uns der Himmel mit einem goldenen Sonnenuntergang.

Am nächsten Tag fahren wir mit den Rädern eine kleine Runde durch die Gegend, erkunden das Schloss, die Altstadt, die Strände. Wir laufen durch die wunderschöne kleine Stadt und gönnen uns Cappuccino in einem süßen kleinen Café, das eingerichtet ist wie die beste Stube vor 100 Jahren. Den Dom bestaunen wir von innen, und hören ergriffen zu, wie ein kleiner Junge Orgel-Unterricht an der monumentalen Dom-Orgel bekommt. Wunderschön, dieses Instrument. Zumindest ich bekomme eine Gänsehaut, als die tiefen Pfeifen die Kirchenbänke zum vibrieren bringen und der Kleine danach ganz begeistert alle Register zieht.

Das süße Café.

Nach zwei Nächten hier im Hafen verlassen wir Kalmar, um nun endgültig in die Schären einzutauchen. Schön war’s hier in Kalmar, wirklich schön.

Wir durchqueren die Öland-Brücke, segeln mit raumen Wind und gemächlichen 3-4 Bft gen Norden. Das Wetter stimmt, das Essen stimmt, die Stimmung bebt!

Und da heute schwedischer Nationalfeiertag ist, wird Ilvy selbstverständlich in passendes Gewand gekleidet.

Wir wollen nach Mönsteras, um dort alte Freunde aus der Zeit mit Scarlett zu treffen. Annika und Sten haben wir 2020 unterwegs mit ihrer damaligen West Monsun in den französischen Kanälen, und dann nochmal in Lübeck getroffen. Sie kommen hier aus der Ecke, und da bietet sich ein freudiges Wiedersehen einfach an. Wir legen in ihrer Marina in Mönsteras an, werden überschwänglich begrüsst und verbringen einen fantastischen Abend zusammen bei uns an Bord. Die beiden haben ein massives Buffet angeschleppt, und so wärmen wir alte Abenteuergeschichten auf während wir schlemmen und genießen.

Der Abend gönnt uns zum Abschied von den beiden nochmal einen traumhaften Sonnenuntergang. Als wäre das nicht genug, kommt Nisse, die Bordkatze von den beiden, nachts nochmal auf ihrer Runde bei uns vorbei, schaut durchs Vorluk und holt sich eine weitere Kraul- und- Streicheleinheit ab.

Los geht’s am nächsten Morgen Richtung Schären, Richtung Wildnis. Und ich wage es: zum ersten Mal hebt die Drohne während der Fahrt und unter vollen Segeln ab. Die Landung war zwar noch etwas wackelig, aber alle sind gesund und munter. Bin mir nicht so sicher ob sich dieses Risiko gelohnt hat… Was sagt ihr?

8 Kommentare

Wow!
Die Drohnenbilder sind der Hammer! Gute Investition.
Aber auch alle anderen Bilder und eure Erlebnisse machen hier ganz großes Fern- und Schwedenweh!

Das Video unter Drohnenbegleitung ist schon toll aber wenn die (immernoch namenlose) Drohne dabei verloren ginge und es dann keine schönen Luftbilder mehr gäbe, wäre es das nicht wert.

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