Nachdem wir den Hafen von Omø verlassen haben, setzen wir Segel und schaukeln gemütlich gen Westen. Vor uns liegt der Storebælt, der große Belt, in dem heute über 2 kn Strömung nach Nord angesagt sind. Außerdem führen zwei der größten Fahrwasser der Ostsee hier durch, dessen großen Schiffe wir schon zuhauf am Horizont ausmachen können. Zum Glück für uns nimmt der Wind auf angenehme 4 Bft zu, und wir düsen vorwärts. Eigentlich wollten wir zur Durchquerung der großen Verkehrstrennungsgebiete unseren Kurs kaum anpassen – was bedeutet hätte dass wir schräg hindurch gesegelt wären. Doch es ist hier gerade so viel los, so viele große Schiffe kommen aus allen Richtungen und liegen auf Kollisionskurs mit uns. Das gefällt uns gar nicht! Kurzfristig ändere ich unseren Kurs auf Nordwest, sodass wir auf kürzestem Weg das Gebiet kreuzen. Jetzt schiebt uns auch noch die Strömung an, und wir erreichen über 8 kn über Grund.
Ratz fatz sind wir hier durch, und kommen nur einem der großen Pötte recht nah. Passt aber alles, meine Abschätzung erweist sich als korrekt, und wenige Augenblicke später legen wir wieder Kurs auf das Nordkap Langelands: Hov.
Kaum am Kap vorbei, biegen wir nach Süden ab. Jetzt unter Landabdeckung und mit halbem Wind macht es mal wieder richtig Spaß: keine Welle – außer unserer eigenen mächtigen Bugwelle. Ilvy schießt nur so davon! Wir liefern uns ein kleines Rennen mit einem dänischen H-Boot und einer größeren deutschen Ketsch. Die Emotionen sind spürbar! Kurz darauf streicht die Ketsch ihre Segel und biegt in den Hafen von Lohals ein, und das H-Boot dreht nach Norden ab. Wir düsen weiter!
Glattes Wasser und Rückenwind, was kann es Schöneres geben!? Ich will es wissen, und lasse Ilvy laufen: über eine halbe Stunde lang unterschreiten wir 7 kn nicht. Das sind 1,7 kn mehr als unsere Rumpfgeschwindigkeit 😀 Es läuft einfach, ich beobachte sorgsam unser Rig unter dieser extremen Belastung, doch alles sieht in Ordnung aus. Toll! Die Gischt aus Ilvy’s Bugwelle spritzt, und bei uns wechseln sich schlotternde Knie und Begeisterung ab. Mit dieser Geschwindigkeit rauschen wir an der Ansteuerungstonne zum Siø Sund vorbei und hinein ins enge Fahrwasser. Erst nachdem mehrere Bojen an uns vorbeigeschossen sind, reffen wir einfach vor dem Wind, nehmen diese extreme Fahrt raus und bereiten uns gemütlich auf die Brückendurchfahrt durch die Siøsundbroen und das Hafenmanöver vor.
Kaum angelegt in Rudkøbing, sind wir positiv überrascht: Jeder von uns beiden ist schon mehrfach an diesem Hafen vorbei gesegelt, doch niemals haben wir angelegt. Nun da wir endlich hier sind, begrüßt uns der kleine Ort mit einer weitläufigen Marina und einem historischen, süßen, typisch-dänischen Ortskern. Richtig schön!
Für den nächsten Tag verabreden wir uns mit Karina und Olli mit ihrer Pepita zu einem Treffen im Lindelse Nor. Die beiden kommen aus unserem Segelverein EWSK in Kiel und segeln dieses Wochenende in die dänische Südsee. Wir freuen uns schon sehr darauf, sie nach all den Monaten endlich mal wieder zu sehen 🙂 Die Heimat kommt definitiv näher, doch wir sind mit unseren Köpfen noch auf den Wogen der Ostsee. Wir verabreden, dass wir mit Ilvy zuerst ins Lindelse Nor segeln, um nach freien Anlegebojen Ausschau zu halten.
Gesagt, getan! Es sind sogar noch zwei Bojen frei, und so geht die Pepita zwei Stunden nachdem wir uns an der Boje vertäut haben bei uns längsseits. Es folgt ein großes Hallo und es wird sich freudig umarmt. Ach, ist das schön die bekannten Gesichter unserer Freunde wiederzusehen! Wir kochen gemeinsam und verbringen einen glücklichen Abend im gemütlichen Salon der Pepita.
Am nächsten Tag, einer kurzen Runde baden und einem gemeinsamen Frühstück später werfen wir die Leinen los und segeln gemeinsam nach Marstal. Es liegen nur knapp 8 nm vor uns, mit achterlichen 3 Bft. Dieser Kurs, mit Wind genau von achtern, ist Ilvy’s absoluter Zuckerkurs als Dschunke. Hier kann sie sehr viele ihrer Vorteile ausspielen: kein Vorsegel, das vom Großsegel abgedeckt wird, keine einfallenden Segel wegen leichtem Wind, stattdessen volle Segelfläche – als hätten wir einen Spinnaker gesetzt. Dazu noch die Leichtigkeit der Bedienung. Beim Ablegen haben wir einen Vorsprung von vielleicht 100 m – erst bei der Ankunft hat uns die Pepita eingeholt nach knapp zwei Stunden segeln. Dabei ist sie ein schnelles, schnittiges Schiff mit neuen Segeln, einer sportlichen Crew und 9 Fuß mehr Länge. Ilvy dagegen ist klein und behäbig im Vergleich, deutlich überladen und der Rumpf ist sicherlich auch nicht mehr der sauberste. Also alles in allem: echt nicht schlecht die Leistung unseres Dschunkenriggs vor dem Wind. Das sehen auch Olli und Karina so, und ich habe das Gefühl dass es ihnen nach diesem Törn deutlich leichter fällt mir meine vielen Aufzählungen der Dschunken-Vorteile hier auf diesem Blog auch wirklich zu glauben.
Wir kommen in Marstal Nachmittags an, und es ist noch recht viel Platz. Im Laufe des Tages kommen immer mehr Segelboote, viele aus Kiel, der Hafen füllt sich! Es ist immernoch genügend Platz für Gäste, doch wir merken, dass viele nochmal die letzten, wunderschönen Sommertage nutzen wollen. Gut so!
Wir erkunden zu Fuß die Promenade von Marstal, gönnen uns Eis und Pommes. Das Leben ist schön in Marstal, wenn die Sonne scheint und sympathische Leute mit einem unterwegs sind. Abends feuern wir noch einen der öffentlichen Grills hier im Hafen an, und schlemmen mit allem was unsere Bilgen so zu bieten haben. Am nächsten Morgen verlassen Karina und Olli den Hafen mit ihrer Pepita schon um 9 Uhr morgens. Wir bekommen unsere Augen zwar nur mühsam auf, doch zum Winken und Ablegen helfen reicht’s. War echt schön mit euch beiden! Danke, dass ihr uns das Wiederkommen so versüßt habt!
Wie immer sind wir ein bisschen traurig wenn wir uns von tollen Menschen trennen müssen, doch bei den beiden sind wir uns zumindest sicher, dass wir sie in wenigen Tagen schon wieder sehen werden 🙂