In den letzten Tagen hat sich so etwas wie Alltag gebildet. Wenn man das so nennen kann. Jeder Tag ist mega spannend, ich erlebe jeden Tag unglaublich viel, blödel rum mit den Jungs, freunde mich immer besser mit Axel an und fühle mich schon richtig zu Hause mit Vala in der Küche 🙂 Ich merke aber auch die körperliche Anstrengung, jeden Tag 12-14 Stunden draußen sein und harte körperliche Arbeit machen tut richtig gut, und ich merke förmlich wie mein Kreuz breiter wird. Aber ohne Ausruhen bin ich irgendwann auf den Felgen gelaufen. Vala hat sich zum Beispiel am Donnerstag mega gefreut als ich mal erst um 11 zum Frühstück kam, und meinte ich sollte 5 Gänge runterschalten. Keiner hier verlangt dass ich so viel mithelfe, 4-5h am Tag ist so das übliche. Doch es macht einfach Spaß, ich will ja was erleben und lernen, und außerdem kann ich es nicht ausstehen Axel arbeiten zu sehen während ich chille. Er hat sich zum Beispiel auch am Freitagabend beinahe mit Tränen in den Augen bei mir bedankt, und meinte dass wir das alles in der halben Zeit geschafft haben, und er damit für die Erntevorbereitung eine ganze Woche mehr hat, eben durch meine Hilfe. Das hat mich sehr bewegt. Trotzdem muss ich in nächster Zeit ein bisschen zurück schrauben, mir auch Abends mal was anschauen, in die Stadt fahren und so weiter. Muss mich selbst daran erinnern dass ich nicht nur zum Arbeiten in Island bin 😛 Und Reiten 🙂 🙂 🙂
Mittwoch und Donnerstag bin ich abends nur noch tot ins Bett gefallen. Glaube am Dienstag haben wir Abends noch alle zusammen Karten gespielt, Axel hat sein 60L Fass selbstgebrannten Schnapps aufgemacht und der Abend wurde richtig schön. Entsprechend der Kopf am nächsten Morgen 😀
Es ist eigentlich kein Alltag. Eher fühlt es sich immer mehr nach meinem aktuellen Zuhause an.
Hier mal ein paar Impressionen:
Wir haben 2 ganze Tage gebraucht um Axels Schrottwiese hinterm Haus aufzuräumen. Da hat mein Kopf natürlich die wildesten Ideen ausgespuckt was man daraus alles basteln könnte. Ein postapokalyptisches Trike mit 500PS V8 Motor und LKW-Rädern war noch das realistischste…
Dann habe ich auch ganz viele neue Bekanntschaften geschlossen 🙂
Arbeitsalltag: Mit dem Quad raus und irgendwelche Zäune reparieren. Und dabei Schwäne jagen 😀
Wir haben alle Schafe von den Wiesen getrieben und auf die höher gelegenen Steppenfelder gebracht. So kann das Gras der Wiesen für die Ernte fleißig wachsen. Das Schafe treiben ist der beste Frühsport, man ist nur am Rennen, sprinten, Haken schlagen, in Matsch stecken bleiben und rumschreien. Und hat den Spaß seines Lebens!
Ragnar ist einfach ein echter Wikinger. Ich will nicht wissen was er mit einer Axt in seinen Händen alles anrichten könnte 😀 Er hat mich gestern richtig umarmt und meinte, Paul ich hab dich lieb. Sooooo süß <3
Hinten auf dem Jeep mitfahren ist schon Standard geworden 🙂
So sieht’s übrigens hinter meiner Hütte aus. Ein eigener Flusslauf, so unglaublich.
Auf dem Weg in die Stadt Thorshöfn. „Stadt“ ist in Deutschland ein verlassenes Dorf.
Dort ist erstmal mein Jeep liegen geblieben. Natürlich. Egal, beste Gelegenheit um Lokals kennenzulernen.
Segurbergur ist auch mega mega süß. Sein Charakter schwankt zwischen wütendem Häuptlingssohn und niedlichem 5-jährigem.
Nachdem Ragnar mich stundenlang angefleht hat, habe ich ihm endlich den Monsterfender aufgepumpt. Er war so stolz!!! Überhaupt ist die Kombination hier aus Farmleben und Seefahrtszeugs überall mega schön. Die ganzen Knoten von Axel, der ja mal zur See gefahren ist, an den Weidezäunen, beim Traktor abschleppen, beim Lasso knüpfen und und und ersetzen locker einen Segelkurs. Überall liegen fette Taue, Bojen, Fender und Netze rum 🙂
Einer von Axels zig Traktoren. Sitz und Bremse sind weggerostet, aber nach 5m anschleppen springt er an wie ne 1.
Und ich war endlich mal am schwarzen Hofstrand fischen 🙂 Natürlich nix gefangen, Paul-Glück gilt nur über Wasser.
Ein paar frische Lämmer gab’s auch noch.
Wir sind dabei mein Auto zu verschlimmbessern. Axel ist mega flink was sowas angeht.
Midsommar um Mitternacht. Tiefer kommt sie nicht!
Das erinnert mich an meine Kindheit 🙂
Samstag bis Montag ist die Familie campen. Ich hab den Samstag genutzt um einfach mal die Füße hoch zu legen, laaaaange zu schlafen, war da Angeln am Strand, hab mir den mega schönen Film „August Rush“ auf Axels Empfehlung angesehen (glaube das war der erste Film seit zwei Monaten…) und hab mir gar keinen Stress gemacht mir irgendwas anzuschauen. Wozu stressen, das Leben kann so schön hier sein 🙂
Abends war ich dann eeeeeeendlich reiten 😀 😀 😀 Und es war fantastisch! Ich kann es immernoch nicht fassen. Entweder hat mir jemand im Schlaf geflüstert wie man selbstsicher reitet, oder das Pferd konnte meine Gedanken lesen. Johann meinte, ich solle erstmal auf dem sicheren Sandplatz in der Halle ein paar Runden drehen um einzuschätzen was er mir zutrauen kann. Bin eine Runde im Schritt gelaufen, eine Runde getöltet und dann gleich eine Runde durchgaloppiert. Es hat sich so krass gut und einfach angefühlt, als hätte ich noch nie was anderes gemacht. Dabei habe ich vielleicht erst 15 Mal auf einem Vierbeiner gesessen. Joa, und nach den drei Runden meinte Johann auch, dass das jetzt reicht. Das Wetter sei viel zu schön, was sollen wir drin bleiben. Hahaaaa also gleich raus und mit ihm zusammen durch die Felder galoppiert. Sooooo krass. Dieses Gefühl, nicht mal fliegen ist schöner, da kommt nicht viel ran. Und mein lebender Untersatz hat einfach alles gemacht was ich wollte. Unglaublich. Sogar langsamer werden und anhalten, was mir sonst immer relativ schwer gefallen ist. Wow. Dann haben wir noch Johanns Enkelin auf dem Pferd abgeholt und sind ne Runde durch den Hof getöltet. Tölt ist eine spezielle Gangart, die genetisch bedingt nur von Islandpferden (und wenigen anderen) gelaufen werden kann. Es ist schnell und dabei annähernd erschütterungsfrei. Macht richtig Laune. Trotzdem ist mir Galopp am liebsten 😀 😛 🙂 Achja, das war schön! Johann meinte, er reitet nächstes Wochenende einen Zwei-Tages-Ritt. Ob ich mit will. Jaaaaaaaaaaaaaaaaaaa!!! Hab gesagt dass ich halt gerne die Woche noch ein bisschen üben würde, vielleicht jeden morgen zwei Stunden oder so. Er so: Na klar, das kriegen wird hin. Nice!
Zwischendurch wurde mir übrigens haufenweise Faxe Bier mit 10% eingeflößt, Trunkenheit am Zügel wird hier groß geschrieben 😀 Nach dem Reiten hat Johann dann mit Joey (einem seiner besten Freunde noch aus Schulzeiten) und mir mit selbstgebranntem Vodka angestoßen. Habe noch nie so guten Vodka getrunken. Halt doch, einmal durfte ich ne 100€ Flasche probieren, die kam ganz gut an Johanns Stoff ran. Heftig lecker und mild. Er brennt ihn unter Vakuum, sodass der Trinkalkohol schon bei 50°C destilliert werden kann. Somit absolut frei von etwaigem Methanol oder kopfschmerzbereitenden Fuselölen. Und ja, ich kann bestätigen dass nach 4 Doppelten der Morgen danach sich anfühlt wie jeder andere, als wäre nie was gewesen. Wow!
So, und jetzt auf in die isländische Schönheit von Natur!
Lieber Paul, es ist so herrlich mit deinem Island Abendteuer mit zu empfinden.
Danke dass du mir das möglich machst trotz deiner Arbeit noch dafür so schöne Berichte
schreibst.
Deine Oma die dich sehr lieb hat.