Mit voller Fahrt und sehr viel Sonnenschein starteten wir in den neuen Kanal.. Canal entre Champagne et Bourgogne…hab ich da Champagner gehört? Muss ja gut sein dieses Kanälchen…
Vor uns liegen 224km und 114 Schleusen, die das Tal der Marne mit dem Tal der Saône verbinden. Sind wir erstmal in der Saône ist es nur noch ein Katzensprung in die Rhône und dann schiebt uns die Strömung sowieso fast wie von allein ins Mittelmeer.
Aber erstmal die 114 Schleusen schaffen. Auf den ersten Blick wirkt dieser Kanal deutlich organisierter und touristisch erschlossener. An der ersten Schleuse händigte uns die Schleusenmeisterin einen Plan mit allen Schleusen und Hebebrücken aus. Super, so hatten wir endlich mal einen Überblick und mussten das nicht so mühsam in unserer Navigationsapp raussuchen. Außerdem gab es wieder eine Fernbedienung, mit der wir die Öffnung der Schleusentore auslösen konnten. Aber anstelle des einen Knopfs wie im Kanal zuvor, konnte dieses Ding unterscheiden zwischen hoch und runterschleusen. Außerdem hatte es einen Alarmknopf zum Stoppen der Schleuse und einen Knopf zum Starten des Schleusung. Das ist sehr komfortabel, da jetzt niemand von uns mehr an den Auslösestangen ziehen muss, die mal links und mal rechts an der Schleusenmauer angebracht sind. Manchmal sind auch die Brücken etwas demoliert, weil Schiffe dagegen gefahren sind und dann wird der Weg auf die andere Schleusenseite schonmal zum kleinen Abenteuer um an die Stangen zu kommen. Aber mit unserer neuen Allzweckfernbedienung war das jetzt ein Klacks. Außerdem hatten wir unsere Fender- und Leinenkonstruktionen endlich so optimiert, dass wir spontan steuerbord oder backbord in den Schleusen anlegen konnten. Wäre ja auch langweilig, wenn man die Schleusen alle baugleich gestaltet, damit die Bootsmannschaft nicht alle 500m alles umhängen und umlegen muss. Lieber etwas Variation reinbringen, dachten sich die Franzosen.. mal links ne Leiter mal rechts..mal ganz vorn mal ganz hinten..mal überall Leitern…und genau so machen wir es auch mit den Pollern, d’accord?
Aber an sich waren die Schleusen deutlich gepflegter. Sie laufen zwar immer noch bis zum Rand voll, was eine ausgeklügelte Positionierung unserer Fender bedarf, doch es gab viel mehr Anlegemöglichkeiten (die meisten kostenlos egal ob Sommer oder Winter) und viele davon hatten kostenlosen Strom und Wasser. Natürlich nicht im Winter, aber generell ist das ja schonmal echt gut. Man merkt, dass der Kanal Touristen ziehen soll. Sonst würden wir uns auch echt fragen, warum das alles noch so aufwendig betrieben und in Stand gehalten wird, bei dem geringen Verkehr auf den Kanälen.
Das Schleusen ging reibungslos an dem Tag. Naja wir mussten schon dreimal beim Servicetelefon anrufen aber es kommt ja meist innerhalb von 15 Minuten jemand und hilft. Pauls Begrüßungstext sitzt jetzt aufjedenfall: „Bonjour, c’est le bateau Scarlett!“
Ich hatte ganz vergessen wie dreckig man beim Aufwärtsschleusen wird. Aber das Hochklettern an den morastigen Leitern, war unseren Klamotten deutlich anzusehen…
Wir schafften 30km und 14 Schleusen und machten am Abend im Stadthafen von Saint-Dizier fest. Hier lagen wir direkt an einer Art Promenade und ziemlichem Fußgängerverkehr. Wir saßen wie auf dem Präsentierteller in unserem gemütlichen Salon und jeder guckte. Irgendwie sind uns die waldigen Plätze mit nichts und überhaupt nichts rundherum lieber.
Wir hatten ja die Befürchtung, dass dieser Kanal „etwas“ befahrender ist und daher schalteten wir unsere Funke an, damit wie das AIS-Signal der Berufsschifffahrt empfangen konnten. Somit wussten wir wenigstens, was und ob etwas auf uns zu kommt. Aber so viel Verkehr war es dann doch nicht. Trotzdem waren wir etwas aufgeregt, als wir das erste Mal auf eine Peniche in so einem engen Kanal getroffen sind. Aber die Stelle war breit und alle winkten sich fröhlich zu. Auf der Peniche schien ein Familienausflug stattzufinden, denn uns guckten mehrere Köpfe neugierig an und ein Schäferhund kam uns bellend auf dem Vorschiff entgegen.
Am nächsten Morgen war es bitter kalt. Für die nächsten Tage waren -2 Grad nachts angesagt aber schönster Sonnenschein. Aber erstmal war alles gefroren. Aber dem Deck rutscht man wie auf Schlittschuhen durch die Gegend und unsere Leinen waren steif gefroren. Wie sollte das denn was werden? Aber wie waren um 9 Uhr mit einem Schleusenwärter verabredet, der eine manuelle Hebebrücke für uns bedienen musste. Also starteten wir im mystischen Nebel.
Aber nach einer Stunde hatte sich der Nebel verzogen und die Sonne verwöhnte uns mit ihrer wärmenden Kraft. Plötzlich wurden aus nächtlichen -2 Grad gefühlte 15 Grad und Frühlingswetter! So macht das Ganze doch Spaß. Das Wasser dampfte und hier und da hörte man am Rand leise Eis knacken, das durch unsere Heckwelle aufgebrochen wurde. Die morgendliche Sonne gepaart mit weiten Feldern, Unmengen von Reihern und anderem Vogelvieh und diese einsame Weite waren wunderschön. Wir saugten die Natur und ihre Schönheit in uns auf, die nur für uns dazu seien schien. Kein anderer war da, der sie uns weggucken konnte. Gemütlich packten wir Schleuse für Schleuse und kamen so gut voran, dass wir in 4 entspannen Tagen 99 Kilometer, 40 Schleusen und 12 Hebebrücken. Garnicht so schlecht, für unsere bisheriges Tempo. Paul sinnierte schon, dass wir so ja nur 2 Wochen bis ins Mittelmeer brauchen..naja abwarten! Es kommt meist anders als man denkt, aber die Story heben wir uns für den nächsten Blogeintrag auf.
18.-21.01.2020