Weiter ging es auf der Saône. An dem Tag betrauerten wir unsere letzte kleine automatische Schleuse bevor wieder die großen Berufsschifffahrtschleusen auf uns warteten. Irgendwie hatten wir ganz schön Bammel vor denen, obwohl wir in Deutschland und auch auf der französischen Mosel schon so viele davon bewältigt hatten. Aber man weiß ja nie, wie die Schleusen so drauf sind. Zusätzlich konnten wir bei den Schleusen der Saône auch keine Informationen zu der Hubhöhe finden. Es konnte also alles passieren. Wir bereiteten uns akribisch auf die neue Art zu Schleusen vor. Hierbei würden wir wieder an Bord bleiben und die Leinen etwas anders führen als bei den kleinen Schleusen. Außerdem legten wir ein Notfall-Messer aufs Dach, damit wir eine eventuell verklemmte Leine beim Herabschleusen abkappen konnten (sowas ähnliches war uns ja schon mehrmals passiert…). Wir waren bestens vorbereitet und für alles gerüstet. Da der obere Teil der Saône noch ziemlich ignoriert wird von der Berufsschifffahrt, bekamen wir nach dem Anfunken des Schleusenmeisters gleich grünes Licht zum Einfahren. Nach der Schleusung haben wir so über uns selbst gelacht. Unsere Anspannung wegen der Schleusung traf auf sage und schreibe 50 cm Hubhöhe!! Also echt ein Witz und wir verdrehten selbst die Augen über unsere anfängliche Panik. Aber wenn man Dinge lange nicht macht, vergisst man manchmal wie „okay“ es eigentlich war. Wie legten hinter der Schleuse in Seurre an. Der Hafen war geschlossen (und daher kostenlos 😛 ). Wir machten einen Spaziergang durch die kleine Stadt und genossen die Sonne bei einem Bier. So kann es weitergehen.
Am nächsten Tag trieb uns die Strömung nach Chalon-sur-Saône. Die Stadt wollten wir uns gern näher angucken. Außerdem brauchten wir neues Internet und die Läden dafür gibts nicht in jeder Stadt. Da Sonntag war, blieben wir mindestens zwei Nächte. Die Tagesetappe war zwar etwas kurz und so legten wir schon um 14 Uhr im Hafen an.
Das Anlegen war eine schwierige und vor allem langwierige Aktion. Der Hafen lag auf der Rückseite einer kleinen Insel, welche vom Strom der Saône umspült wurde. Obwohl der Hauptstrom auf der anderen Seite der Insel wütete, kam im Hafen auch einiges an. Ein Steg war nur dafür da das Treibholz von den Booten abzuhalten und durfte fürs Anlegen nicht benutzt werden. Der Gästesteg lag am Kopf der Steganlagen, direkt im Wasserstrom (und nicht geschützt durch den Treibholzsteg) und in einer Kurve. Wie wenig gastfreundlich der Gästesteg war wurde uns schon beim Anlegen klar. Beim ersten Belegen von Klampen bemerkte Paul den erheblichen Druck auf unseren Fendern. Scarlett wurde durch die Kurve des Stroms direkt an den Steg gepresst. So sehr, dass die Fender aussahen als würden sie gleich wie kleine zarte Luftballons platzen. Hier konnten wir nicht bleiben. Im hinteren Teil des Stegs sah das Wasser etwas entspannter aus, da dieser nicht mehr in der Kurve lag und daher eher parallel als seitlich angeströmt wurde. Also sollte Scarlett dahin. Aber das ist garnicht mal so einfach ein Boot, das mit voller Kraft an den Steg gedrückt wird an diesem parallel zu verschieben, ohne dass die Fender ständig hochrutschen oder unnötig zerquetscht werden. Von außen müssen wir recht witzig ausgesehen haben, wie wir uns einer vorn und einer hinten mit Leinen hin und her liefen und uns dabei etwas harsch Dinge zuriefen. Paul wusste nicht was ich vor hatte und ich hatte keine Ahnung was er eigentlich macht (also eigentlich so wie immer 😀 ). Naja irgendwann haben wir das Chaos sortiert, kurz durchgeatmet und uns einen Plan gemacht. In Wellenbewegungen, indem mal der eine und mal der andere seinen Teil des Boots vom Steg wegdrückte, schoben wir die Gute dann ohne nennenswerte Kratzer zum hinteren Steg. Das war ein Kraftakt! Aber der Anlegeplatz hielt uns noch weiter auf trapp…
Nach ungefähr zwei Stunden hatten wir ein kleines Wäldchen vor unserem Bug angehäuft. Durch das hohe Wasser der letzten Tage, dem man quasi hinterher fährt auf seinem Weg flussabwärts, war jede Menge Treibholz unterwegs. Wir hatten davon gefühlt die Hälfte zwischen Bug und Steg kleben. Paul kam auf die Idee, die Leinen sehr lang zu legen und durch Hart-Ruderlegen Scarlett so in die Strömung zu drehen, dass sie etwa 1m entfernt vom Steg ruhig lag. Damit konnte das Treibholz (wenn es kein ganzer Baumstamm ist) zwischen Boot und Steg hindurch kommen. Es sah seeehr abenteuerlich aus, Scarlett so weit weg vom Steg zu sehen aber der Strom hielt sie immer brav in der gleichen Stellung und es funktioniert bestens. Ein Lob vom Hafenmeister war Paul auch gewiss. Er sei der Erste, der auf die Idee gekommen ist und er wird es weiter empfehlen. Na das war doch was. Gern geschehen ihr Zukunftsgäste. Naja nicht jeder hat bei seinem Aufenthalt hier solche Schwierigkeiten. Bei uns landeten jedenfalls noch mächtige Baumstämme und wenn wir im Bett lagen hörten sich die Schleif-und Kratzgeräusche des Gestrüpps wirklich gruselig an. Durch den hohen Wasserstand ist der Strom nun einfach sehr viel wuchtiger geworden. Die nächsten Tage bekamen wir immer mehr Land zu Gesicht, das bei unsere Ankunft noch nicht da war…
Die nächsten Tage?? Ja eigentlich wollten wir nur einen Tag bleiben aber wir bekamen ein paar Randausläufer von Sturmtief Sabine mit und blieben daher lieber einen Tag länger. Die Schaumkronen auf dem Hauptarm der Saône gaben uns Recht. Wir machten einen Entspannungs-und-nur-machen-worauf-wir-Lust-haben-Tag und einen Rödeltag.
Ersteren starteten wir mit Crêpes und einem schönen Stadtspaziergang durch Chalon-sur-Saône mit einem Espresso und einer kleinen Bar mit wirklich merkwürdigen Menschen und viel Lesen. Der Rödeltag beschäftigte sich hauptsächlich mit dem Klarieren unserer Backskisten. Alles mal raus, sortieren und mit System wieder rein. Dann kommt wie immer eins zum anderen und wir gucken uns unseren Schlauchtank für Wasser mal genauer an. Dieser ist durch ein elektrisches Pumpsystem an die Wasserhähne angeschlossen. So richtig benutzt haben wir ihn noch nie. Für Trinkwasser wollten wir ihn erstmal spülen. Aber da wir über die kalten Monate ja eher selten aktive Wasserhähne und schon garnicht in Bootsnähe gefunden hatten, haben wir ihn geflissentlich ignoriert. Beim Abmontieren zeigte sich dann auch warum. Der war hinüber, eklig und von vielen Gammelfarben gezeichnet. Dann bleiben wir wohl erstmal bei unserem Kanistersystem. Diese reinigten wir mit so einem Spezialzeug und nutzten somit die seltene uneingeschränkte Wasserversorgung im Hafen.
Danach sausten wir weiter nach Macon und danach nach Trevoux. An die neue Reisegeschwindigkeit und Tagesetappen von 50-60 km kann man sich schnell gewöhnen. Wir rochen quasi schon das Meer. Beim Thema Schleusen waren wir auch wieder entspannt. Zwar mussten wir wieder einige Male auf Berufsverkehr warten. So zum Beispiel an der „Ecluse d’ormes“, welche grün zeigte als wir anfuhren und dann kurz vorm Einfahren auf rot schaltete. Auf der anderen Seite war ein Schiff. Anscheinend geht es schneller wenn die Schleuse leer runterschleust als mit uns. Naja also warteten wir bis das Schiff hoch zu uns geschleust wurde, bis wir dann einfahren durften. Ein anderes Mal schleusten wir mit einem großen Kreuzfahrtschiff. Dieses war zwar leer aber die Schleusung war schon etwas aufregend. Man weiß ja nie, was die großen Kähne mit ihren Heckwellen und Motoraktionen in der Schleuse so machen und wie Scarlett das so findet. Insgesamt hat die Saône drei kleine automatische Schleusen und fünf große Schleusen. Wir legten 255 Kilometer auf ihr zurück und waren schneller auf der Rhône angelangt als wir blinzeln konnten…
08.-14.02.2020