Richtung Heimat also!
Nach einem ausgiebigen Frühstück legen wir in Bågø am späten Vormittag ab, und gleiten ganz entspannt bei wenig Wind Richtung Süden. Für den Abend haben wir uns lose mit zwei Freunden verabredet. Der Plan ist, dass wir zusammen im Norden von Lyø ankern und kochen.
Nachmittags flaut der Wind dann völlig ab, wir schmeißen die Maschine an und jockeln Richtung Ankerbucht.
Wir kommen als erstes von den beiden Schiffen in die Bucht, machen an einer DT-Boje fest und warten freudig auf Julian und Kathrine.
Als die beiden ankommen gehen sie mit ihrer SY Merry bei uns längsseits. Es folgt ein wunderschöner Abend mit leckerem Rotwein, Spaghetti Carbonara, Abenteuergeschichten und Seemannsgarn. Krönender Abschluss ist eine nächtliche Schwimmrunde durch Leuchte-Algen unter einem Sternenhimmel der seinesgleichen sucht. Das Leben ist schön!
Und um diesem Abend noch eins drauf zu setzen, haben wir grandiosestes Ankerwetter. Wir wollen gar nicht schlafen gehen…
Am nächsten Morgen beim gemeinsamen Frühstück verabreden wir uns, gemeinsam in die Genner Bucht zu segeln. Der Wind meint es etwas zu gut mit uns, und so legen wir von der Boje ab und motoren erstmal los.
Was für ein herrlicher Sonnentag! Spiegelglattes Wasser, Schweinswale um uns herum, ganz leichter Wind. Wir nutzen die Gelegenheit für ein gegenseitiges Foto-Shooting 🙂
Nach dieser Session sausten die beiden wie ein Blitz davon, Richtung Ankerbucht. So eine schnittige Vindö ist doch deutlich schneller bei wenig Wind unterwegs als unsere behäbige Scarlett. Wir lieben sie trotzdem!
In der Genner Bucht erwartet uns erstmal noch Arbeit. Der Anker will und will nicht halten… Nach drei Versuchen in verschiedenen Abschnitten der Bucht hält er gut genug (es ist kaum Wind angesagt). SY Merry geht wieder längsseits, und wir genießen einen weiteren wunderbaren Abend zusammen.
Am Morgen sind wir erstmal geflasht: So ein Panorama beim Frühstück ist Wahnsinn!
Die Nebelschwaden hängen noch in den Buchten und ziehen langsam auf die offene See hinaus. Wie schön kann Segeln sein!?
Kathrine und Julian wollen an diesem Tag unter Spi segeln. Um das ein bisschen zu üben, gibt es nach dem Frühstück erstmal Trockenübungen vor Anker.
Nachdem das wirklich sehr professionell aussieht, können wir die beiden ruhigen Gewissens von dannen ziehen lassen, und unserer eigenen Wege segeln. Denn hier trennen sich unsere Wege: Die beiden wollen nach Dyvig, wir durch den Alsfjord nach Sonderburg.
Nachdem wir kurz vor Sonderborg mal wieder eine Brücke untersegelt sind, und auf eine Klappbrücke warteten, machen wir im Innenhafen fest, tingeln durch die Stadt und sammeln Eindrücke… wohlwissend, dass dies der letzte Stopp unserer Reise sein wird.
In der Nacht werden wir wach vom Knarzen der Leinen. Eigentlich ein schönes Geräusch, doch diesmal klingt es etwas gewaltsamer. Wir springen auf und rennen an Deck. Oh krass, das Wasser ist über einen Meter gestiegen. Die Leinen ziehen Scarlett jedoch noch immer nach unten, sodass sie schon leichte Schräglage hat. Erschrocken sehen wir uns um: hier liegen einige Schiffe schon bedrohlich schräg, wir scheinen nicht die Einzigen zu sein. Man hört Stimmen von anderen Crews, die schnellstmöglich versuchen die Leinen zu fieren. So auch wir! Das war höchste Zeit. Bei solchen Aktionen kann schnell Schaden entstehen, doch es ist alles gut gegangen. Noch war es nicht kritisch, wir sind zum Glück rechtzeitig wach geworden. Schon verrückt wie nach so vielen Tagen und Nächten an Bord jedes Geräusch, jedes Verhalten des eigenen Schiffs ins Blut übergeht. Eine kleinste Veränderung genügt, und schon kann man nicht mehr schlafen. Scarlett ist ein Teil von uns geworden.
Wir helfen noch fix bei ein paar anderen Booten aus, dann taumeln wir müde wieder in die Koje.
Am nächsten Morgen verabschiedet uns sogar eine Schweinswal-Familie aus Sonderburg.
Mit einem lachenden und einem weindenden Auge werfen wir die Leinen los und machen uns auf den Weg. Den letzten Törn.
Für uns ein sehr trauriger Moment: wir holen die dänische Gastland-Flagge ein. Diese hat uns nun ziemlich genau zwei Monat durch Dänemark begleitet.
Nun wird es Zeit fürs Heimkommen! Noch einmal erleben wir einen perfekten Segeltag auf See, bevor die altbekannten Seezeichen Kiels ins Blickfeld geraten. Wir verdrücken mehr als eine Träne und sind gerührt.
Kiel heißt uns mit einigen der schönsten Eindrücke willkommen, die es bieten kann. Wir sind einfach nur glücklich.
Die Last der letzten Monate fällt so langsam ab. Es war ein traumhaft schönes Jahr, aber auch ein verdammt anstrengendes. Ich wünschte wir könnten so kitschig sein und behaupten, dass wir jede Sekunde dieser Reise genossen hätten. Aber das haben wir nicht. Wir mussten oft die Zähne zusammenbeißen, (See-)Krankheit und Strapazen überstehen, Reparaturen meistern, mit dem Zusammenleben auf so engem Raum zurechtkommen.
Doch wir wurden aufs Beste dafür belohnt. Mit unglaublich schönen Eindrücken, mit Einblicken in unsere Nachbarkulturen, mit neuen Freundschaften und interessanten Menschen. Mit Erfahrung, mit Mut, mit dem Glauben daran dass man es schaffen kann wenn man es nur will. Wir sind so dankbar und demütig, dass wir die Chance hatten diese Reise zu unternehmen, uns auf dieses Abenteuer zu begeben!
All diese Gefühle brechen über uns zusammen, als wir da so gemächlich bei halbem Wind in die Kieler Förde segeln.
Wir legen an der Reventloubrücke an. Bei der Einfahrt in den Hafen werden wir gefilmt, Freunde winken uns zu. Sie nehmen unsere Leinen an, wir fallen uns in die Arme und verbringen einen dieser Abende zusammen, die viel zu schnell vorbei gehen. Wir können es noch nicht glauben: wir sind zurück. In Kiel, bei unseren Freunden, in unserer Heimat.
Wir sind angekommen.
Danke, dass ich euch begleiten durfte. Ich fand es als „Zuschauer“ sehr spannend, einen Einblick in die Freuden und Leiden der See-/Flußfahrt zu bekommen mit vielen unbekannten Begriffen, die sich dann irgendwann erschlossen. Ich wünsche euch noch viele Erlebnisse und Abenteuer auf euren Lebenswegen.