nasser Badespaß

Für die nächsten Tage war bombastisches Wetter angesagt mit 27°C und Sonne pur. Das passiert in Dänemark auch nicht alle Tage. Obwohl Samsø ein Paradies ist und wahrscheinlich der perfekte Ort für so ein Wetter, treibt es uns weiter. Wir wollen mehr von Dänemark sehen und neue Orte entdecken. Also Anker auf und weiter gen Norden. Morgens soll es noch etwas Wind geben, bis er am Nachmittag dann ganz abebben soll. Wir legen unter Segeln ab und während Scarlett mit Besan und Genua schön vorwärts segelt, ziehen wir das Großsegel aus seiner Unterliek-Nut und optimieren es etwas. Die Öse, an der unserer Baumniederholer am Baum befestigt ist, droht nämlich auszureißen. Da wir dieses ungewollte Loch im Baum vermeiden wollen, hat sich Paul eine Alternative ausgedacht. Das Segel wird aus der Nut gezogen und ab jetzt mit offenem Unterliek gefahren. Also sind die unteren Enden des Segels nur noch am Baum befestigt und die Nut ist frei. So kann eine Leine von unten über den Mast gelegt werden und bildet so einen neuen Angriffspunkt für den Baumniederholer. Und schon sieht unser Segel beim Vorwindkurs nicht mehr ganz so stümperhaft aus. Nach der Optimierung kann auch das Groß gesetzt werden und wir segeln an der Ostküste von Samsø entlang.

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Mister Cool-Guy
neue Konstruktion

Als wir dann die Nordspitze der Insel umrunden ist er weg. So ganz. Der liebe Wind. Also Motor an, Segel rein und es wird ab jetzt getuckert. Endlos kommt uns die motorte Zeit bis zur ausgeguckten Bucht vor. Dabei motoren wir „nur“ 3 Stunden. Aber bei jeder Minute blutet unser Herz. Wir können kaum glauben, dass wir bis vor kurzem noch 8-10 Stunden täglich motort sind. 3 Stunden war garnichts. Aber jetzt sind wir wieder ein Segelboot und jeder Einsatz des Motors schmerzt und das Motorengeräusch wirkt schrecklich laut und nervig.

Aber gerade geht es nicht anders. Wir halten auf Århus zu. Von dort aus fahren im Stundentakt Katamaran- Schnellfähren, die von Århus zur großen Insel Sjælland kurz vor Schweden fahren. Paul möchte unbedingt hinzugefügt wissen, dass es sich um Surfface-Piercing-Katamarane handelt. Über die hat er nämlich in seiner Studienarbeit in Tasmanien geforscht und jetzt ist er ganz aus dem Häuschen, diese gigantischen und furchtbar schnellen Katamarane mal live zu sehen. Verdammt schnell sind sie, und ihre Bug- und Heckwellen ziemlich hoch und schaukelig. Da wir keine Segel oben haben, die den Wellenschlag dämpfen, versucht Paul am Steuer die Wellen zu kreuzen. Hier kommt heute wirkliches Kanalfeeling hoch. Motor und riesige Schiffswellen, die uns durchschaukeln. Zumindest können die Masten nicht mehr von Deck kullern.

Kurz vor Århus biegen wir nach rechts ab in die große Bucht (Kalø Vig) nördlich der großen Stadt. Hier wird es tierisch. Zuerst sehen wir Schweinswale vor uns und als wir parallel zu einer Fischfarm fahren, guckt uns eine Robbe verschmitzt aus dem Wasser an. Die clevere Kleine macht sich wohl an den Fischnetzen zu schaffen und erbeutet ihr Abendessen. Angekommen in der gigantischen Bucht ist da doch wieder etwas Wind und schon werden die Segel wieder rausgezogen und der Motor ausgestellt. Ich verziehe mich ans Vordeck um mit einem Freund zu telefonieren während Paul sehr viel Spaß daran hat Scarlett allein durch die Bucht zu schubsen und in unsere Zielbucht, die Egens Vig, einhand zu kreuzen („Einhand“ ist Seglersprache, und bedeutet dass nur eine Person das Schiff lenkt – natürlich mit beiden Händen 😛 ).

Hier fällt der Anker direkt neben einer alten Schlossruine und kurz darauf fallen auch wir ins Wasser. Gewollt natürlich. Es ist einfach so schön warm. Danach haben wir viel zu viel Hunger um die Ruine heute noch zu erkunden. Also wird gekocht und bei Sonnenuntergang gemampft. Die Atmosphäre ist wunderschön. Aber einen Haken gibt es. Das Wasser hier in der Bucht ist nicht wirklich so ein Traum wie vor Samsø. Hier schwimmt viel Algiges und das Wasser ist lange nicht so klar. Nicht die optimalen Vorraussetzungen für die heißen Tage, die man am besten nur im Wasser verbringen möchte (#JammernAufHohemNiveau). Daher fragen wir uns die Hälfte des Abends lang, ob wir nicht doch besser vor dem traumhaften Samsø geblieben wären. Wir beschließen es morgen mit der nächsten Bucht nebenan zu probieren.

Am nächsten Morgen besucht uns noch eine Robbe beim Frühstück. Das kleine graue Knäul schwimmt keine 15 Meter neben unserem Boot, guckt neugierig nach uns und entscheidet sich dann leider doch für die andere Richtung. Es ist jetzt schon super heiß und nach einem morgendlichen Bad im Meer setzen wir mit Kevin zur Halbinsel mit der Schlossruine über. Man bemerke die Arbeitsteilung bei der Überfahrt (siehe Bilder) 😀
Einen kleinen morgendlichen Spaziergang über die ehemaligen Schlossgründe und durch die nun dort residierende Kuhherde später, lichten wir den Ankern und nehmen Kurs auf die Knebel Vig nebenan.

Paul hat Blut geleckt mit seinem Einhandsegeln und dass da niemand ist, der ihm reinquatscht. Also werde ich in Kevin verfrachtet und hinterher gezogen. Angeblich zu meinem Spaß – aber wer glaubt das schon 😀 . Tatsächlich genieße ich es sehr. Der Wind ist leicht und luftig und so gleitet unser Gespann langsam durch die Bucht.

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Ich fordere noch Sonnencreme, Hut, Buch und Wasser ein und bin dann bestens gewappnet um einige Stunden in Kevin zu verbringen. das Gefühl ist ziemlich witzig und die Heckansicht von Scarlett unter Segeln mit dem braungebrannten Paul auch ein ziemlicher Hingucker.

Spannend wird es als mehrere Motorboot an uns vorbeidüsen und ich mich gut festhalte gegen deren Wellen. Die fühlen sich vom Schlauchboot aus doch etwas höher an als vom Segelboot. Wir sind gerade in der engbetonnten Ausfahrt der Bucht, als ich höre wie Paul vergeblich den Motor anmachen will. Sofort sitze ich senkrecht im Boot. Warum der Motor? Warum geht er nicht an? Und warum ist es hier gerade viel zu eng für so eine Motorsituation? Aber dann höre ich das Motorgeräusch und bin beruhigt. Der Herr hatte nur vergessen vorzuglühen… Der Motor musste kurz laufen, da Paul dabei war die Fahrrinne raus zu kreuzen, diese aber plötztlich gefüllt war mit anderen Booten und ich hinten dran hing. Nach 5 Minuten hatte sich die Situation geklärt und der Motor konnte wieder aus. Aus dem Schlauchboot heraus wirkt alles viel aufregender und ich komme plötzlich garnicht mehr zum Lesen. Der Wind frischt auf und so auch die Wellen um mich herum. Die gemütliche Schaukelfahrt wird zum Wildwasserrafting… Naja gut da übertreibe ich vielleicht ein bisschen, aber trotzdem will ich jetzt doch lieber auf einem großen festen Boot sein und nicht so ausgeliefert nur hinterher gezogen werden. Ich ziehe mich mit der Leine längsseits an Scarlett und spring bei 3 Knoten Fahrt an Bord. „Ziemlich lässig“ bescheinigte mir Paul.

Wir kreuzten weiter zur Knebel Vig bei super entspannten Segelbedingen. Die Bucht ist ziemlich speziell. Das Fahrwasser zur Einfahrt ist maximal 40 Meter breit und dahinter erstreckt sich eine große und vorallem tiefe Bucht wie ein weitläufiger See. Wir suchen uns einen schönen Ankerplatz neben einem kleineren Traditionssegler und gehen erstmal baden. Das Ankern klappt übringens bestens und das Üben hat sich ausgezahlt. Die Wasserqualität scheint hier etwas besser zu sein aber kann dem Vergleich mit Samsø trotzdem nicht standhalten. Auch irgendwie unsinnig von uns in einer Bucht hinter einer Bucht so klares Wasser zu erwarten im Vergleich zu einer umströmten Insel mitten im Kattegat. Aber die Temperaturen sind so hoch, dass uns wahrscheinlich nichts vom Baden abgehalten hätte. Das Wasser ist unglaubliche 24°C warm! Badewannen-Alarm!

Der nächste Tag wird ein reiner Spaß-Spiele-Wasser-Tag. Wir starten mit einem nackten Sprung ins Wasser. Dem folgt ein leckeres Frühstück im Sonnenschein. Aber die wird schnell zu stark und dann kommen die alten Bettlaken zum Einsatz die ich vor Wochen bei meiner Mama angefragt hatte. Stoff braucht man immer irgendwie irgendwo. Jetzt benutzen wir ihn als Sonnensegel. Zuerst spannen wir es nur mit Wäscheklammern auf, aber schon bald hat Paul hier und da einen Haken angebracht und die Ecken so optimiert, dass es schnell montiert werden kann. Das Gefühl darunter ist himmlisch. Der Wind weht leicht in das helle Tuch und bringt es sanft zum Flattern. Im Schatten sitzt es sich ganz vorzüglich. Ich komme mir vor wie in einem luftigen Himmelbett. Noch dazu ist die Haut noch leicht salzig vom letzten Baden. Sommer pur! So kann man es aushalten.

Wir springen unzählige Male ins Wasser und sind voller Motivation uns jedes Mal etwas Neues auszudenken. Ich träume schon seit Tagen von einem coolen Schwimmreifen, aber in keinem der bisher angelaufenen Orte gab es einen. Also werde ich selbst tätig und knote drei der kleinen Fender aneinander. Das funktioniert zumindest zum Reinhängen hervorragend. Paul mag es etwas abenteuerlustiger und baut sich eine Affenschaukel um sich wie Tarzan ins Wasser zu schwingen. Er befestigt eine fette Leine am Großfall, macht einen Affenfaust-Knoten ans andere Ende und schon kann das Geschwinge losgehen. Wir planschen und schwimmen den ganzen Tag. Um uns rum sind auch einige Badeparties auf anderen Booten entstanden. Es ist Wochenende und die Dänen nutzen ihre kleinen Motorflitzer um sich auch ins kühle Nass zu stürzen. Neidisch beäuge ich deren Wasserspielzeuge (Flamingo & Co). Morgen wollen wir nach Århus in einen Hafen fahren. Vielleicht läuft mir da ja ein Spiel-Sport-Spaß-Gerät über den Weg.

Abends macht Paul noch einen Spaziergang zur Landzunge der Bucht. Dort entdeckt er eine riesige Brombeerhecke, die gerade vom Bauern beschnitten wurde. Durch diese Rasur konnte man perfekt die oberen dicken Früchte abernten, an die man sonst eher selten kommt. Er beschließt mir seine Nascherei zu verheimlichen und am nächsten Morgen ganz früh nochmal, bewaffnet mit einer riesigen Plastikdose, an Land zu gehen. Als ich aufwache hält er mir freudenstrahlend eine riesige Sammlung an zuckersüßen prächtigen Brombeeren ins Gesicht. Ich mache Porridge und mit etwas Nüssen dazu haben wir ein deliziöses Frühstück.

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