Am nächsten Morgen wachen wir mit Kater auf. Dabei haben wir zu viert nur zwei Flaschen Wein getrunken, aber die hatten es anscheinend in sich. Mit etwas flauem Gefühl im Magen starten wir in den Tag. Beim Rausfahren aus dem Hafen stehen die beiden Schweden an Deck und winken ausgiebig. Die beiden bleiben noch einen Tag um ihren Hochzeitstag zu feiern. Wir passieren einige kleine Stadtbrücken bis wir an unserer letzten kleinen Kanalschleuse ankommen. Hinter uns brauen sich dunkle Wolken zusammen und wir legen schonmal die Regenjacken bereit. Vielleicht halten wir gleich nochmal an und warten das Unwetter ab. Aber erstmal warten wir in der Schleuse auf ein weiteres Boot.
Schnell wird geschleust und wir verabschieden unseren Schleusenmeister, der uns die letzten drei Tage so lieb begleitet hat. Die nächsten 14 Kilometer führen uns über den Grand Canal d’Alsace. Das ist ein Kanal, der für große Schiffe ausgebaut ist und den Industriehafen in Mulhouse mit dem Rhein verbindet. Endlich haben wir wieder 8m auf unserem Echo. Was für eine Wohltat. Wir dümpeln entspannt diesen Abschnitt entlang während es hinter uns wieder heller am Himmel wird. Bis auf ein paar Tropfen sind wir verschont geblieben. So startet der Tag doch hervorragend.
Wir halten trotzdem kurz an einem Steg an, um den Seewasserfilter nochmal zu reinigen bevor es auf den Rhein geht. Vor uns liegt jetzt die Schleuse Niffer, die 5,50m abwärts schleust und das Tor zum Rhein ist. Wir sind ganz schön aufgeregt, was uns dahinter erwartet. Mit der starken Strömung des Vater Rheins haben wir ja schon im Winter Bekanntschaft gemacht. Damals hat sie uns dazu gezwungen den Weg über die Mosel einzuschlagen, da wir gegen sie keine Chance hatten. Unser erster Abschnitt sind ungefähr 150 Kilometer kanalisierter Rhein mit 9 großen Doppelschleusen wovon aber eigentlich jeweils nur eine in Betrieb und die andere defekt ist. Zum Glück soll es da Schwimmpoller geben und somit dürfte das Bergabschleusen entspannt werden. Beim Bergabschleusen gibt es meist weniger Strömungen in der Schleuse, da das Wasser nur langsam abgelassen wird. Bergauf kann es trotz Schwimmpoller ziemlich sprudelig und bewegt werden.
Nichts wie raus aus der Schleuse Niffer und rauf auf den Rhein. Das sieht erstmal recht unspektakulär aus. Ein vielleicht 150m breiter Kanal mit schrägen Betonwänden, um die Ufer zu befestigen. Der Fluss strömt mit rund 4 km/h und beschleunigt uns auf die eineinhalbfache Geschwindigkeit. Wir werden hier durchflutschen wie nichts. Aber offensichtlich werden wir uns dabei gut festhalten müssen. Kaum sind wir in der Fahrrinne werden wir von einigen größeren Wellen hin und her geschaukelt. Wo kommen die denn her? Kein Schiff ist weit und breit zu sehen. Plötzlich fühle ich mich schon wie auf der Ostsee. Der Wind weht leicht und Wellen schubsen uns von links nach rechts. Nach 5 Minuten wird es ruhiger. Das waren scheinbar wirklich die Nachwellen von einem Schiff, die sich wegen des engen Kanals und der Betonwände immer und immer wieder reflektieren und addieren.
Wir schaffen die ersten drei großen Schleusen in einem Rutsch. Jedes Mal dürfen wir allein schleusen und sogar schon in eine vorbereitete Schleuse fahren. So schnell und einfach haben wir uns das nicht vorgestellt, da die Berufsschiffahrt ja immer Vorrang hat. Aber man muss auch mal Glück haben.
Auf dem Weg telefonieren wir einige Häfen auf dem Weg ab. Wir wissen nicht genau wie weit wir kommen können. Da die Häfen aber rah gesäht sind, ist es gut vorher zu wissen wo was frei ist und ob unser Tiefgang reicht. Vor der vierten Schleuse fängt es an schwarz um uns zu werden. Der Wind nimmt zu uns ein kleines Gewitter zieht neben uns her. Es regnet und leuchtet um uns herum. Wir haben eine kleine Diskussion ob wir in dem nächsten Hafen anlegen sollen. Den haben wir telefonisch nicht erreicht und die Gastliegeplätze sehen voll aus (das hat nur eine von uns so gesehen :-P). Bei Wind und Welle auch keine favorisierte Version. Wir bleiben auf dem Fluss und nehmen Geschwindigkeit raus, um die Situation etwas zu entschärfen. Nach 10 Minuten ist alles vorüber und wir steuern die vierte und letzte Schleuse für heute an. Die Windböen sausen an der Schleusenwand zu uns hinab und wir müssen ordentlich an den Leinen zerren um an der Wand zu bleiben.
Ein paar Kilometer weiter legen wir in Weiswiller an einem Yachtclub an. Das kennen wir so auch nur aus Deutschland, dass es kaum wirtschaftlich betriebene Häfen gibt sondern eher Yachtclubs und -vereine, die Gastliegeplätze haben. Die Liegegebühren werden in einen Umschlag mit den Bootsdaten gepackt und in einen Briefkasten geschmissen. Die Einfahrt in den Hafen war etwas spannend, da sich genau davor eine Sandbank befindet. Ein paar Bojen markieren diese in uneindeutiger Weise. Zur Hilfe kommen uns unsere Freunde die Algen, die auf der Sandbank bis zur Wasseroberfläche wachsen. Aha, da fahren wir wohl besser nicht lang. Somit ergibt sich wie von selbst eine Fahrrinne zwischen den Algenseen. Wir legen an und sind das erste Mal wieder in Deutschland seit einem halben Jahr. Hier im Hafen liegen sogar ein paar kleinere Segelboot. Vereinsmitglieder sind an diesem Freitagabend aber nicht da. Dafür seit Monaten mal wieder große Wasserflächen und eine richtige Weite. So genießen wir unseren Ausblick beim Abendessen und fallen müde ins Bett. Der Tag hat uns geschafft.