Nachdem die andere Maxi 77 vorbeimotort ist, ist auch der Wind passé. Den Motor schmeißen wir trotzdem nicht an. Paul steuert uns geduldig im Schneckentempo durch das Fahrwasser während er den Abwasch erledigt. Ich spiele Außenborder und schiebe kräftig von hinten an. Immerhin um 0,4 km/h „beschleunige“ ich unsere Ilvy durch mein Strampeln.
Heute ist wieder so ein Tag an dem wir gar kein Ziel hatten. Wir wissen nicht wie weit uns der schwache Wind tragen wird und haben nur ein paar mögliche Buchten in unserer Seekarte markiert. Da wir uns nun kaum noch vorwärts bewegen, steuern wir die nächstgelegene an. Es ist eine große Bucht zwischen mehreren Inseln mit zahlreichen Anlegemöglichkeiten. Als wir ankommen ist es rappelvoll. Nach kurzem Kreisen gehen wir mit Heckanker an einen Fels. Der Platz ist noch frei, da der Fels reicht steil ist. Von Bord kommt man zwar leicht aber danach sind Kletterkünste von Nöten. Nachdem wir die Leinen an den umstehenden Bäumen befestigt haben, ist das Klettern easy, da wir uns einfach an unseren Festmacherleinen abseilen. Das Gute an so originellen Anlegeplätzen ist, dass man meist allein bleibt.
Die Bucht wird von den Schwedinnen und Schweden „Paradiset“ genannt und ich kann es nachvollziehen. Sie ist ein großer Sommer-Sonne-Spaß-Fleck. Überall wuselt es von anlegenden und ablegenden Booten, kleinen Dingyhs, SUPs, Kanus und anderen Schwimmgeräten. Zwischendurch zählen wir 85 Yachten und einige Maxi 77. Am Strand gibt einen kleinen Kiosk mit allem was man an so einem Sommertag braucht- von Pommes bis Kanu. Volleyball- und Fußballfelder, Wanderwege durch Kiefernwälder, ein Sprungbrett ins Wasser, Komposttoiletten und ein Restaurant mit Dachterrasse runden das Angebot ab. Es gibt sogar einen Steg mit Wasser und Strom, doch für einen Platz an jenem muss man scheinbar Schlange stehen. Die Bucht bebt, wir lassen uns direkt anstecken und springen ins Wasser.
Beim Baden fällt uns mal wieder Ilvys grüner Bart auf und voller Motivation machen wir uns an die Beseitigung. Zuerst probiere ich es mit Schnorchelmaske und Bürste. Aber das ist mühsam und ich treibe immer wieder weg. Dann nimmt Paul die Sache in die Hand und es wird ein Projekt. Zuerst bindet er unser Ersatzfall (eine Leine die ganz nach oben zum Mast führt) an einer der Festmacherleinen an Land. Dann zieht er es kräftig an, wodurch sich Ilvy zur Seite kränkt und ihren Bart präsentiert. jetzt kann er ganz gemütlich mit dem Schlauchboot entlang des Wasserpasses fahren und sich der grünen Algen annehmen. Als Werkzeug haben sich unser einziger Pfannenwender (zum Glück schnitze ich gerade neue) und die Bürste herauskristallisiert. Erst die eine Seite, dann alles umspannen und dann die zweite Seite. Nach einer Stunde ist Ilvy befreit von ihrer neuen Frisur und vielleicht sogar noch etwas schneller.
Ich widme mich einem neuen Schnitzprojekt und forme mein bisher kleinstes Werk aus einem Reststück des Teaks. Ich bin beeindruckt was für feine Linien und Konturen das harte, trockene Holz erlauben.
Am nächsten Tag wollen wir uns endlich mal ein Kanu ausleihen. Das steht schon lange auf unserer Wunschliste und hier in den kleinen Inselchen sehen wir eine spannende Paddellandschaft. Doch erstmal ist Gewitter angesagt. Wir flitzen noch kurz vor dem ersten Schauer zum Dreh- und Angelpunkt dieser Bucht: Kiosk, Steg und Strand.
Wir reservieren uns zwei Seekajaks für „nach dem Regen“ und schaffen es gerade noch vor dem ersten Platzregen nach Hause. Und dann erleben wir ein tolles Sommergewitter mit beeindruckenden Blitzen.
Danach ist die Luft gereinigt und klar. Es hat etwas länger gedauert als gedacht, weshalb unsere Kanutour nun eher abends stattfindet. Aber die Luft ist warm und die Abendstimmung hervorragend.
Wir bleiben noch einen Tag, weil es uns einfach zu gut gefällt hier. Ich sammle morgens Blaubeeren (die Saison ist bald vorbei und es wird schon sehr mühselig) und Paul zaubert daraus Blaubeerpancakes. Irgendwie vergeht der Tag wie im Flug. Abends stricke ich weit oben über den ankernden Yachten in der Hängematte. Später kommt Paul mit selbstgemachten Pizzataschen vorbei. Wir mampfen, hören Hörbuch und stricken gemeinsam in der Hängematte. Seit Paul sich ein paar Socken strickt, ist gemeinsames Stricken unser neues Abendritual und liebe es!
Soooooooo schön, euer gelebter Traum.